Tage Alter Musik – Programmheft 2018

19 T age a LTer M uSIK r egenSBurg Mai 2018 mit dem Tiburtina ensemble (Barbora Kabátková) und 2017 mit der Cap- pella Mariana (Vojtĕch Semerád). Hana Blažíková besitzt eine der gefeierten Sopranstimmen der alte-Musik- Szene. Ihr engelsgleicher Sopran verbindet sich mit dem überirdisch schö- nen Klang des Zink. Ihr Partner im heutigen Konzert ist dabei der „god- father of Zink“, der Zinkenist bruce Dickey. einstmals das Instrument großer und angesehener Virtuosen, geriet der Zink im 19. Jahrhundert bedauerlicherweise in Vergessenheit. Sein revival begann in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts, doch es ist zu großen Teilen Bruce Dickey zu verdanken, dass dieses Instrument vom ende der 70er Jahre an eine neue renaissance erlebte und in seiner ganzen Beweg- lichkeit undausdrucksstärke wieder hörbar wurde. Seine zahlreichen Stu- denten aus über 30 Jahren Lehrtätigkeit an der alte-Musik-Kaderschmiede Schola Cantorum Basiliensis trugen und tragen ebenfalls dazu bei, den Zink im Musikleben wieder zu verbreiten und zu etablieren. Für diese Leistung verlieh die Historic Brass Society Bruce Dickey im Jahr 2000 den begehrten Christopher Monk award für „seine herausragende arbeit in der Spielpraxis des Zink, historischen aufführungspraxis und musikwissenschaftlichen ausbildung“. 2007 wurde er von dem britischen Dirigenten und Wissenschaftler andrew Parrott mit einem Taverner award ausgezeichnet als einer von bislang nur 14 Musikern, deren „bemerkenswerte Beiträge zum musikalischen Verständnis weder vom Kommerz noch vom ego motiviert sind“. 1987 gründete er zusammen mit dem Barockposaunisten Charles Toet das ensemble Concerto Palatino, das seither bei fast allen wichtigen Festivals und auf den bedeutendsten Konzertbühnen in europa, den uSa und Japan aufgetreten ist und häufig auch mit anderen führenden ensembles der alte-Musik-Szene zusammenarbeitet. Bruce Dickey ist auf unzähligen aufnahmen zu hören. Seine Solo-CD Quel lascivissimo cornetto... mit dem ensemble Tragicomedia beim Label accent wurde unter anderem mit dem Diapason D’or ausgezeichnet, und auch seine 2011 erschienene Soloeinspielung „La bella minuta“, aufgenommen an der historischen orgel von Santa Barbara in Mantua, erhielt durchgän- gig hymnische Kritiken. aus der jüngsten Soloeinspielung, „Breathtaking“, die er zusammen mit Hana Blažíková für das Label Passacaille aufnahm, werden heute im Matinee-Konzert viele Stücke zu hören sein. neben seiner arbeit als konzertierender Musiker ist Bruce Dickey auch als Lehrer sehr gefragt - sowohl für Zink als auch für die aufführungs- praxis des 17. Jahrhunderts. außer seiner langjährigen Tätigkeit an der Schola Cantorum in Basel unterrichtete er unter anderem am Königlichen Konservatorium Den Haag, der accademia Chigiana in Siena und am early Music Institute der Indiana university; daneben gab er Meisterklas- sen in den uSa, Kanada, europa und Japan. auch in der wissenschaftlichen erforschung aufführungspraktischer Fra- gen ist er aktiv und veröffentlichte zusammen mit Michael Collver einen Katalog des bis heute erhaltenen repertoires für den Zinken, sowie - zusammen mit edward H. Tarr - ein Buch über die artikulation auf histo- rischen Blasinstrumenten. 1997 gründete er zusammen mit seiner Frau Candace Smith die artemisia editions, einen kleinen Verlag, der Musik aus italienischen Konventen des 17. Jahrhunderts herausgibt. Seit 1981 lebt Bruce Dickey in Italien - nicht zuletzt, um näher bei den ori- ginalen und den Quellenmaterialien für sein Instrument und dessen Musik zu sein. Inzwischen wohnt er in einem von Weinbergen umgebenen Land- haus in der nähe von Bologna, dem ursprungsort des historischen Con- certo Palatino. zum Programm: Im 16. und 17. Jahrhundert war der Zink legendär für seine erstaunliche Fähigkeit, die menschliche Stimme zu imitieren. Das Projekt, dessen Höhe- punkt dieses Programm darstellt, ist eine Feier der affinität des Zinks und der menschlichen Stimme – eine untersuchung der art und Weise, wie sie zusammenwirken, ein gespräch miteinander führen und sich gegenseitig ergänzen, ganz gleich, ob sie dialogartig antworten oder sich miteinander verflechten als zwei gleichwertige Partner in einer musikalischen Textur. Diese wahrgenommene Ähnlichkeit von Stimme und Zink umfasste nicht nur die klare und helle Klangfarbe des Instruments, sondern auch seine geschmeidigkeit, ausdrucks- fähigkeit, dynamische Flexibilität und artikulation, die es fast so erklingen lassen könnten, als ob der Spieler durch sein Instrument spreche. unser Programm, das diese Imitation in den Mittelpunkt stellt, heißt „atemberaubend“, sowohl weil Stimme und Zink buchstäblich mit dem atem Musik machen, als auch, weil die Imitation, wie wir hoffen, dem Zuhörer buchstäblich den atem nehmen kann. obwohl man allgemein glaubte, dass der Zink der menschlichen Stimme ähnele, ist es meine Überzeugung, dass die Ähnlichkeit nicht nur in der Klangfarbe lag. Letzten endes umfasst die Wahrnehmung des Klangs eines Instruments ein Zusammentreffen von Faktoren wie Klangfarbe, artiku- lation und Lautstärke. Die Klangfarbe des Zinks wird besonders ange- sprochen in einer reihe von Beschreibungen, darunter einer von dem Zin- kenisten girolamo Dalla Casa, der feststellt, dass der Zink dasjenige Instru- ment sei, das am besten die Stimme nachahmt. Beim Versuch, über den Jakob Lindberg Veronika Skuplik Franciska Hajdu Foto: Laszlo Treznik Mieneke van der Velden Kris Verhelst

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