Tage Alter Musik – Programmheft 2018

31 T age a LTer M uSIK r egenSBurg Mai 2018 heterogenen Selva morale e spirituale damit in Verbindung zu bringen, wie etwa das konzertierende, instrumental üppig besetzte gloria und Credo. auch ab aeterno ordinata sum – eine Vertonung von Sprüche 8 – wurde mit dem Dankgottesdienst nach dem ende der Pest assoziiert, obwohl deutliche anweisungen fehlen. Jedenfalls setzt Monteverdi in die- sem virtuosen „motetto a voce sola in basso“ die bildhafte Sprache der Bibelverse genauso abwechslungsreich in seiner Musik um. Für die im Text mehrfach angesprochenen räumlichen Kontraste zwischen Himmel und erde (oder zwischen Berg und Tal) benutzt er zum Teil radikale Sprünge, während die „flumina“ und „fontes aquarum“ als „fließende“ Melismen erklingen. Die Marienantiphon Salve regina ist im Konzert ebenfalls mehrfach zu hören. Carlo Filago, der von 1623 bis zu seinem Tod im Jahr 1644 die Stelle des ersten organisten am Markusdom innehatte, lässt eingangs die gre- gorianische Melodie von Tenor und Cantus singen; im weiteren Verlauf des Stücks werden einzelne Motive von der einen Stimme zur nächsten weitergereicht, wobei Filago immer wieder versucht, einzelne aspekte des Textes musikalisch darzustellen. So baut er etwa bei „suspiramus“ eine art „Seufzer“ ein, indem er nach der ersten Silbe des Worts eine Pause schreibt. ein abwärtssprung, gefolgt von einem absteigenden Halbton- schritt, soll den klagenden effekt des Wortes „flentes“ evozieren. Besonders extrem ist die Chromatik am ende auf „o dulcis Virgo Maria“: hier durchschreiten sowohl Cantus als auch Bassus eine chromatisch absteigende oktave. In der Selva morale e spirituale finden sich sogar zwei Vertonungen der Marienantiphon. Während das Salve regina für alt, Tenor, Bass und Basso continuo an einigen Stellen ähnlich wie Filagos Vertonung die Chromatik zum Zweck des Textausdrucks verwendet (vgl. beispielsweise „suspira- mus, gementes et flentes“ und „o dulcis Virgo“), haben wir es beim zweiten Salve regina (für zwei Tenöre, zwei Violinen und Basso continuo) mit einer Kombination von zwei Texten zu tun, in denen die vermittelnde rolle der Mutter gottes einerseits und die menschliche Schuld andererseits – zwei zentrale Themen bei den Zeremonien in den Jahren 1630–1631 – gekoppelt werden. Monteverdi baut hier eine weitere Besonderheit ein, mit der er in seiner weltlichen Musik schon mehrfach experimentiert hatte: das letzte Wort von jeder Strophe wird echoartig von der zweiten Tenorstimme auf- gegriffen (dabei wird immer nur ein Teil des Wortes übernommen: aus „gaudio“ wird „audio“, das echo von „benedicam“ ist „dicam“ usw.). Monteverdi schafft damit den eindruck, dass die räumlich separat aufgestellte, engelsgleiche echostimme aus dem Himmel erklingt. Für die damaligen Zuhö- rer, die sich von den Zeremonien für die Beendigung der Pest imall- gemeinen und der Musik im Besonderen eine rettung erhofften, muss das ein mächtiges und hoff- L A L IberAzIone DI V enezIA – b eFreIUnG Von Der P eStePIDeMIe – V enezIAnISCHe M USIK DeS 16. UnD 17. J AHrHUnDertS Introitus G IoVAnnI C roCe Tenebrae factae sunt (1557-1609) I. Das Gelübde (26. oktober 1630) G IoVAnnI G AbrIeLI Litaniae Beatae Mariae Virginis à 8 (1557-1612) C LAUDIo M onteVerDI Salve regina/ audi Coelum (1567-1643) G IoVAnnI r oVettA Domine Deus meus peccavi à 3 (1596-1668) G IoVAnnI b AttIStA r ICCIo Sonata à 4 (um 1570-1621) C LAUDIo M onteVerDI Salve regina à 3 II. Grundsteinlegung von baldassare Longhenas Kirche Maria della salute (1. April 1631) A LeSSAnDro G rAnDI Litaniae Beatae Mariae Virginis à 3 (1577-1630) G IoVAnnI b ASSAno Deus misereatur nostri à 8 (1558-1617) G IoVAnnI b AttIStA b UonAMente Sonata à 5 (um 1595-1642) G IoVAnnI r oVettA Laudate Dominum à 5 C ArLo F ILAGo Salve regina à 3 (1589-1644) PauSe III. Dankgottesdienst zum ende der Pest (21. november 1631) F rAnCeSCo C AVALLI Sonata à 4 (1602-1676) C LAUDIo M onteVerDI Missa à 4 con il gloria e il Credo concertato: Kyrie – gloria – Credo ab aeterno ordinata sum Laetaniae della Beata Vergine Wir danken der Meisterwerkstätte für historische Tasteninstrumente, Johann-Gottfried Schmidt, 18059 Rostock, für die freundliche Bereitstellung der Truhenorgel. Sendung BR: Donnerstag, 12.07.2018, 20.05 Uhr (Festspielzeit auf BR-KLASSIK) Sendung Deutschlandfunk: Den genauen Termin entnehmen Sie bitte der Tagespresse P roGrAMM I n A Lto Vokalisten: Alice Foccroulle Sopran Perrine Devillers Sopran tobias Knaus Alt José Pizzaro Tenor tore Denys Tenor Joachim Höchbauer Bass Instrumentalisten: Lambert Colson Zink & Leitung Marie rouquié Violine Susanna Defendi Posaune Claire McIntyre Posaune bart Vroomen Posaune Justin Glaie Theorbe Dimos de beun Orgel A USFüHrenDe CD InAlto Schütz

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