Tage Alter Musik – Programmheft 2018

T age a LTer M uSIK r egenSBurg Mai 2018 Bachfest in Leipzig. In Brüssel und Brügge ist das ensemble z. Zt. „artist in residence“. In Frankreich geboren, beginnt Lionel Meunier seine musikalische aus- bildung an der Musikschule seiner Heimatstadt Clemency. Seine frühe Leidenschaft für die alte Musik führte ihn dann mit 18 Jahren auf das „Institut Supérieur de Musique et de Pédagogie“ (IMeP) in namur (Bel- gien), wo er im Juni 2004 sein Hochschuldiplom für Blockflöte mit großer auszeichnung ablegte. Während dieser Zeit am IMeP erhielt er vor allem unterricht von Tatiana Babut du Marès und nahm an den Meisterklassen von Jean Tubéry teil. gleichzeitig besuchte er den unterricht bei Hugo reyne in Paris. Während der fünf Jahre, die Lionel Meunier in namur verbrachte, entwickelte er seine Begeisterung für den gesang und er begann sein Studium bei Benoit giaux. ab September 2004 wechselte er ans Königliche Konservatorium in Den Haag und trat in die gesangsklasse von rita Dams ein. Seitdem sang er mit verschiedenen renommierten Vokalensembles wie der Cappella Pratensis, dem Kammerchor von namur sowie ex Tempore und arbeitete mit wichtigen Dirigenten wie Tonu Kaljuste, Christophe rousset, Paul Dombrecht, Jean Tubéry und Jean-Claude Malgoire. In Zusammenarbeit mit dem Pianisten Franis Penning gründete er im Jahre 2004 das gesangsensemble Vox Luminis. zum Programm: Das belgische ensemble Vox Luminis präsentiert im heutigen Konzert neben einleitungssätzen zu zwei Leipziger Kantaten Johann Sebastian Bachs mit den geistlichen Motetten Singet dem Herrn ein neues Lied BWV 225 (1726/17), Der Geist hilft unser Schwachheit auf BWV 226 (1729), Jesu, meine Freude BWV 227 (spätestens 1735), Fürchte dich nicht, ich bin bei dir BWV 228 (ca. 1726) und Komm, Jesu, komm BWV 229 (vor 1732) die fünf zweifelsfrei von Bach stammenden Werke dieser gattung. erweitern ließe sich dieser grundbestand noch um Lobet den Herrn, alle Heiden BWV 230, eine Motette, deren echtheit nicht als gesichert gilt, und um O Jesu Christ, meins Lebens Licht BWV 118, die wohl wegen der obligaten Führung der überlieferten Instrumentalstimmen ursprünglich zu den Kantaten gezählt, von Bach in der autographen Partitur aber ausdrücklich mit „Motetto“ überschrieben wurde (beide zu hören in Konzert 6 am 19. Mai). Die im Vergleich zu den über 200 geistlichen Kantaten geringe anzahl an originalen Bach-Motetten lässt sich damit erklären, dass die Kantate spätestens zu Beginn des 18. Jahrhunderts die führende rolle in der protestantischen Kirchenmusik übernommen und ihren festen Platz im sonntäglichen gottesdienst hatte, während die aufführung deutschsprachiger Motetten in der regel entwe- der nur bei umzügen der Kurrende zu Weihnachten und neujahr oder bei Begräbnissen, Trauerfeiern, gedächtnispredigten oder geburtstagen höher gestellter Persönlichkeiten vorgesehen war. Der Bedarf an neukom- positionen war dementsprechend gering. Für sonn- und festtägliche Hauptgottesdienste oder für Trauerfeierlichkeiten anderer Personen konnte Bach dagegen auf ältere, überwiegend lateinische Motettensamm- lungen wie beispielsweise das im nord- und mitteldeutschen raum weit verbreitete Florilegium Portense zurückgreifen, das der aus Schulpforta stammende Kantor erhard Bodenschatz im Jahre 1603 erstmals herausge- geben hatte. Dass es sich bei mindestens einer der fünf Motetten tatsächlich um eine Trauerkomposition handelt, bezeugen eigenhändige Vermerke Bachs in der autographen Partitur, denen zufolge Der Geist hilft unser Schwachheit auf BWV 226 für die „Beerdigung“ des am 16. oktober 1729 verstorbenen rektors der Thomasschule und Professors der Poetik an der universität Leipzig, Johann Heinrich ernesti, bestimmt war. ob die Motette, die Bach ein knappes halbes Jahr nach der Übernahme des Collegium musicum komponierte, im Kontext des gedächtnisgottesdienstes in der Pauliner- kirche oder bei der Beerdigung erklang, ist nicht bekannt. Überliefert ist BWV 226 nicht nur – wie BWV 225 – in einer autographen, die Singstimmen enthaltenden Partitur Bachs, sondern darüber hinaus in einem originalen Stimmensatz, bestehend aus colla parte mit den beiden Chören geführten Instrumentalstimmen sowie zwei Continuostimmen. auch wenn wir heute nicht mehr entscheiden können, ob die Instrumente an der aufführung der Motette bei ernestis Beerdigung beteiligt waren, so ist die existenz dieses Stimmenmaterials doch immerhin ein sicheres Indiz dafür, dass Bach mindestens eine seiner Motetten nicht, wie es im Vox Luminis Foto: József Wagner Csapó Johann Sebastian Bach: „Der Geist hilft unser Schwachheit auf“ © Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohn-archiv 53

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