Tage Alter Musik – Programmheft 2018

57 T age a LTer M uSIK r egenSBurg Mai 2018 gramms „Fibo Collegium“. Innovative, speziell auf den jeweiligen adres- saten zugeschnittene Barockprojekte und -konzerte bietet Fibo Collegium für Schulen, Musikhochschulen, für Kindergärten undallgemeinbildende Schulen an, ebenso Weiterbildungsangebote für professionelle Musiker. Kernmerkmal dieser Methodik ist die direkte und unmittelbare einbin- dung der Hochschul- und Musiklehrer, die gemeinsammit ihren Schülern und Studenten sowie den Fibo-Musikern die Trainingsprojekte durchlau- fen. auch die Konzerte für Kindergärten und allgemeinbildende Schulen funktionieren nach dem Prinzip des „Lernens durch selber machen.“ Barockmusik ist ein vitales Kernelement jeglicher Musikausbildung. Das Finnish Baroque orchestra möchte die arbeit von Musikschulen und all- gemeinbildenden Schulen mit dem Ziel unterstützen, ihnen gelegenheit zu vertieftem musikalischem Verständnis und ausdruck zu geben. zum Programm: obwohl das reisen mit Pferdekutschen damals noch eher ein Kriechen war, obwohl die Post nur sehr langsam zugestellt wurde und obwohl eine Presse erst im entstehen begriffen war, war das europa des 17. und 18. Jahrhunderts dennoch ein multikultureller Flickenteppich, ein Kontinent, auf dem sich einflüsse rasch verbreiteten und den die geistige elite fleißig bereiste. Für die Komponisten der Barockzeit war es üblich, einen inter- nationalen Lebensstil zu pflegen und von Hof zu Hof zu ziehen, über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg. Manche von ihnen, wie etwa georg Muffat, georg Philipp Telemann und Jean-Marie Leclair, waren wahrhafte Weltbürger. Sie waren nicht nur physisch, sondern auch musikalisch sehr beweglich: sie versuchten alle, die damals herrschenden musikalischen Strömungen miteinander zu vereinen, den italienischen, den französischen und den germanischen Stil. Besonders bewusst verfolgte georg Muffat dieses Ziel. Das Streben nach einer musikalischen europäischen Synthese war nicht nur ein künstleri- sches, sondern auch ein ideologisches Statement: anfang des 17. Jahrhun- derts hatte der Dreißigjährige Krieg tiefe Wunden in europa hinterlassen. Muffat hoffte, seine Musik könne ein Beispiel für ein friedliches Zusammenleben sein. „Die Instrumente des Kriegs und die gründe dafür gehen mich nichts an. Die Melodien, das Schwingen der Saiten und die süßen akkorde zeigen mir den Weg, und wenn ich den französischen Stil mit dem deutschen und italienischen vereine, rufe ich damit keinen Krieg hervor, sondern schaffe vielleicht die ouvertüre für einen gemeinsamen, wertvollen Frieden, nach dem sich alle Völker so sehnen“, schrieb Muffat 1695. Zweifellos lagen Muffats Motive auch in seiner eigenen Familienge- schichte: er wurde 1653 im heutigen Südfrankreich in eine schottisch-fran- zösische Familie geboren, seine Kindheit aber verbrachte er in Paris und im elsass. Später unternahm er ausgedehnte reisen in europa und wirkte unter anderem in Prag, Salzburg und rom. Trotz seines Talents bekleidete Muffat nur wenige bezahlte Ämter, so etwa das des Hoforganisten in Salz- burg und das des Musikdirektors der Stadt Passau in Bayern. Sein beweg- ter Lebensstil hinderte ihn allerdings nicht daran, uns einige der interes- santesten Kompositionen aus der Zeit der Wende vom 17. zum 18. Jahr- hundert zu hinterlassen. nur ein Bruchteil von Muffats Werken ist späteren generationen erhalten geblieben, und auch diese sind heutzutage recht unbekannt. Da er über erfahrung aus erster Hand verfügte und viele der Komponis- tengrößen seiner Zeit persönlich kannte, konnte Muffat aus dem Vollen schöpfen. als Jugendlicher lernte er das glanzvolle Musikleben amHof in Versailles kennen, wo er vermutlich von Jean-Baptiste Lully, dem urvater der französischen Barockmusik, persönlich beeinflusst wurde. Später traf Amandine Beyer Foto: Óscar Vázquez Amandine Beyer 2013 in der Bruderhauskirche Foto: Hanno Meier

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