Tage Alter Musik – Programmheft 2019

17 T age a LTeR M USIK R egenSBURg Konzert 2 von „Vocal Futures“ (zur Förderung eines jungen Publikums für klas- sische Musik) und des „London Youth Choir“ (einer Stufenorganisation von fünf Chören für acht- bis 22-Jährige in allen ethnischen gemein- schaften der 33 Bezirke von London). Suzi Digby ist außerdem gastpro- fessorin für Chorgesang an der University of Southern California und gründete 2014 in Kalifornien das Profi-Vokalensemble The golden Bridge. 2011 dirigierte Suzi Digby beim gründungskonzert des „Vocal- Futures-Projekts“ Bachs „Matthäus-Passion“. Das Folgeprojekt 2013 war eine aufführung von Haydns „Schöpfung“ und 2015 beschloss sie das „Vocal-Futures-Triptychon“ mit Händels oratorium „The Choice of Hercules“. alljährlich dirigiert Suzi Digby 2000 Sänger in der Royal albert Hall zur Produktion „Scratch Youth Messiah!“, die von den Hörern des Klassiksenders Classic FM als „Best Classical Music education Initiative nationwide“ ausgezeichnet wurde. Sie dirigierte zahlreiche Werke für Chor und orchester mit ensembles wie dem BBC Symphony orchestra, den London Mozart Players, dem english Concert und dem Brandenburg Festival orchestra. auch in der Popmusik ist Suzi Digby aktiv: Sie leitete u.a. Chöre für die Rolling Sto- nes in der o2-arena in London. Suzi Digbys arbeit als Kuratorin für „Music in Country Churches“ ist nur ein Teil ihres engagements für Förderinstitutionen. Sie war Präsidentin der „Incorporated Society of Musicians“ und stellvertretende musikalische Leiterin des Queens’ Col- lege, Cambridge (wo sie das „Queens’ Choral Conducting Programme“ gründete und bis heute leitet). Mit großem einsatz widmet sie sich der Förderung zeitgenössischen Komponierens. Mit der gründung der oRa Singers hat sie den lang gehegten Wunsch verwirklicht, zusammen mit einem professionellen ensemble diese Leidenschaft mit ihrer Liebe zur Chormusik der Renaissance zu verbinden. zum Programm: Psalm 51 – Miserere-Vertonungen – Gesänge der Hoffnung Miserere mei (Vulgata: Psalm 50) ist der Bußpsalm schlechthin, dessen kla- gender Ruf nach Vergebung und der erlösung von Verfolgung in der Litur- gie der Laudes an den letzten drei Tagen der heiligen Woche genutzt wird als eine Bitte um gottes gnade für uns alle. Seine Worte wurden von unzähligen Komponisten vertont, von denen gregorioallegris (1582–1652) Fassung vermutlich die bekannteste ist. allerdings ist sie auch die am meisten missverstandene. Der Ruhm vonallegris Miserere im zwanzigsten Jahrhundert geht auf den Übertragungsfehler eines Schreibers zurück, bei welchem die erste Hälfte des Solochorverses eine Quarte höher wiederholt wird. Das führt zu einem anachronistischen Tonartwechsel von g-Moll zu c-Moll und dem berühmten hohen C des Soprans. nichts davon wurde jemals wirklich in der Sixtinischen Kapelle aufgeführt. allegris ursprüng- liche Komposition ist darauf ausgelegt, standardgemäße Verzierungen einzufügen, wie es bei den Sängern der Sixtinischen Kapelle bei Kadenzen üblich war. Das Werk wechselt zwischen zwei musikalischen Teilen, die jeweils fünfmal zwischen den gregorianischen Versen gesungen werden. In dieser Version, welche von Ben Byram Wigfield ediert wurde, werden wir in der ersten Wiederholung allegris ursprüngliche, nicht ausge- schmückte Version hören, dann diejenige mit den hinzugefügten Verzie- rungen der Sixtinischen Kapelle; und letztendlich werden wir den „Fehler“ des zwanzigsten Jahrhunderts hören, dessen Schönheit möglicherweise das beste Beispiel für einen glücklichen Zufall in der Musikgeschichte ist. Der Titel von Psalm 50 inspirierte im Laufe der Zeit viele christliche auto- ren dazu, ihre eigenen Überlegungen festzuhalten. Möglicherweise war keine davon einflussreicher als die von girolamo Savonarola (1452–1498). Savonarola war ein Franziskanermönch, der aufgrund seiner Prophezei- ungen und Predigten in den 1490er Jahren in Florenz eine beträchtliche Bekanntheit erreichte. er war nicht nur eine Inspiration für Martin Luther in seinem Bestreben, die Kirche zu reformieren, sondern auch für die engli- schen Katholiken in ihrer Hoffnung auf erlösung von Verfolgung. Savo- narola drängte darauf, sich auf einfachere, traditionellere Formen der Musik zurückzubesinnen. Sein Leitspruch Ecce quam bonum fand seinen Weg in einige Musikstücke. einen weiteren textlichen Hinweis auf Savo- narolas einfluss auf geistliche Motetten stellt das Tenebrae-Responsorium für Karsamstag „ecce quomodo moritur justus“ („Seht, wie der gerechte stirbt“) dar, welches von Savonarols anhängern als Motto für ihre erge- benheit gegenüber demMärtyrer genutzt wurde. Der Komponist der Ver- tonung, die heute abend aufgeführt wird, ist unbekannt, seine Botschaft jedoch bleibt klar. William Byrd, ohne Zweifel der herausragendste englische Komponist sei- ner generation und der „Father of english musick“, überlebte, entgegen allen erwartungen, unbeschadet als Katholik in einem protestantischen Land. In seiner einzigartigen Position als alleiniger Inhaber des Druck- rechts für Musik in england war es Byrd möglich, Sammlungen von Can- tiones Sacrae und Gradualia herauszugeben, die einige „politische“ Motetten enthalten. Der größte Teil seiner geistlichen Vokalkompositionen besteht aus lateinischen Werken, welche gewiss nicht für die königliche Kapelle geeignet waren, in der er eine offizielle Position innehatte. nur einer Hand- voll der Cantiones Sacrae liegen heitere Texte zu grunde. eines dieser Stücke wird in diesem Programm präsentiert: sein unvergleichliches Laudibus in ORA Singers bei Aufnahmen Foto: nick Rutter

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