Tage Alter Musik – Programmheft 2020

11 T age a LTeR M uSIK R egenSBuRg Konzert 2 weniger bedeutsame Blüte ist im Bereich der Musik zu beobachten. Zu Karls Zeiten steigt das ansehen der St.-Veits-Kathedrale als geistliches Zentrum des Landes. Die dort stattfindenden gottesdienste beeindruckten mit ungewohnter Pracht, sie integrierten dabei eine Reihe „moderner“ the- atralischer elemente und nutzen die räumliche gestalt der Kirche auf effektvolle art und Weise. neben dem einstimmigen Kirchengesang bekommen in dieser Zeit auch andere Musikbereiche Raum, wie zum Bei- spiel weltliche Musik und Mehrstimmigkeit. Zur entwicklung und zu neuen Impulsen in der Musiksphäre leistete sicherlich auch die Prager universität ihren Beitrag. Im heutigen Konzert möchten wir versuchen, die „Vielschichtigkeit“ des damaligen musikalischen Lebens einzufangen und ein buntes musikalisches Mosaik aus einem Repertoire zusammen- zustellen, das mit der Person oder mit demWirken Karls IV. in enger Ver- bindung stand. Karl und Frankreich Der erste Teil des Programms lässt Musik erklingen, die Karl während sei- nes Pariser aufenthalts hätte hören können. Der französischen Musik wid- men wir zu Beginn noch aus einem anderen grund unsere aufmerksam- keit: Frankreich war im 14. Jahrhundert die führende kulturelle großmacht und bestimmte die entwicklung auch im Bereich der Musik. Die zeitge- nössische französische Musik wurde auf verschiedene art und Weise im gesamten mittelalterlichen europa rezipiert und Böhmen stellte dabei keine ausnahme dar. Mit der Dynastie der Luxemburger steht auch der wohl berühmteste Komponist des 14. Jahrhun- derts, Guillaume de Machaut , in enger Verbin- dung. 1323 trat er als Sekretär in die Dienste von Karls Vater Johann von Luxemburg; auch Karl kam dadurch höchstwahrscheinlich mit dem Komponisten in Kontakt. an das Werk dieses außergewöhnlichen autors erinnern hier die dreistimmige Motette Dame je sui cilz qui vueil – Fins cuer doulz und das Lied Foy porter . Karl und die reliquien – die heilige Lanze und nägel Karls außergewöhnliches Interesse am Sammeln von Reliquien ist bekannt. Die wichtigsten Reli- quien waren allerdings die gegenstände, die mit der Kreuzigung Christi in Verbindung standen und Bestandteile des sogenannten Reichsschat- zes waren. Karl bekam sie 1350 von den nachfahren seines Rivalen Lud- wigs des Bayern. gleichzeitig wurde auf Karls Initiative hin ein besonderer Feiertag der Heiligen Lanze und nägel eingeführt, der in den böhmischen Ländern und einer ganzen Reihe deutscher Diözesen gefeiert wurde. Für diesen Feiertag ist auch ein spezielles Choral-Repertoire entstanden. Der autor dieses offiziums ist nicht genau bekannt, die Quellen verraten jedoch, dass es den Hoftheologen durch Karl IV. selbst in auftrag gegeben worden ist. Karl und die Universität In den vergangenen Jahren ist es gelungen, eine sehr eigentümliche und bisher nahezu unbekannte gruppe von gesängen zu lokalisieren, deren entstehung mit allergrößter Wahrscheinlichkeit mit dem Prager univer- sitätsmilieu zusammenhängt. es handelt sich um relativ umfangreiche Lieder mit poetischen geistlichen Texten, die auf interessante art und Weise den freien Choralrhythmus mit Passagen in regelmäßigem Rhyth- mus kombinieren. Im Programm ist eine von diesen Kompositionen vetre- ten: Rubus incombustibilis Die universität wurde auch zu einem Zentrum, das zeitgenössische französische Werke des Ars-nova -Stils rezipierte und weiterverbreitete. es ist sehr wahrscheinlich, dass die französischen Kom- positionen Je languis und Sois tart hier bekannt waren und aufgeführt wur- den. In das böhmische Studentenmilieu gehört auch das Lied Prima decli- David Eben, Leitung Foto: Dušan Tománek Barbora Kabátková, Sopran & gotische Harfe Mit der „Goldenen Bulle“ von 1356 legte Karl IV. die Wahlordnung des römisch-deutschen Königtums bis 1806 fest

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