Tage Alter Musik – Programmheft 2021

12 T AGe A LTeR M uSIK R eGenSBuRG Konzert 1 Missa brevis in F – Kleine Credomesse KV 192 Die Missa brevis F-Dur KV 192 komponierte Mozart im Jahr 1774 für den Salzburger Dom, höchstwahrscheinlich für einen ganz normalen Sonntag. Der Chor wird nur von Streichern begleitet, die Aufgaben der Solisten sind auf kleinere ensemble-einwürfe zurückgedrängt. Mozart scheint die for- malen Beschränkungen, die ihm auferlegt waren, als Aufgabe betrachtet zu haben, zu möglichst kreativen und interessanten ergebnissen zu kom- men. In der F-Dur-Messe ist die kontrapunktische Durchdringung besonders auffällig und reichhaltig. Für ausgedehnte Fugen war kein Platz, dennoch bringt er drei Fugati (Gloria- und Credo-Schluss sowie Osanna) unter. Von besonderer Machart ist das Credo, das durchgehend auf dem berühmten Vier-Ton-Motiv basiert, das Mozart schon in seiner ersten Sin- fonie, aber auch in seiner großen Credo-Messe von 1776 und noch in seiner letzten Sinfonie, der Jupiter-Sinfonie, verwendete. es durchzieht den gan- zen Satz und wurde besonders bei den ständig wiederholten „Credo“- einwürfen, die der Messe den Beinamen „Kleine Credo-Messe“ verliehen haben, eingesetzt. Misericordias Domini KV 222 Am 4. September 1776 teilte Mozart in einem Brief an Padre Giambattista Martini in Bologna mit, dass er auf besonderen Wunsch des Kurfürsten Maximilian III. Josef gegen ende seines Aufenthalts in München anlässlich der uraufführung seiner Oper La finta giardiniera ein Offertorium im kontrapunktischen Stil komponiert habe. Die gleichzeitig an Padre Martini gesandte Partitur dieses Offertoriums Misericordias Domini KV 222 (205a) ist verschollen. In einem Brief vom 18. Dezember 1776 lobte Padre Martini das Stück sehr, fand darin eine gute Harmonie, reife Modulation, ange- messene Bewegung der Violinen, natürlichen Fluss der Stimmen und gute Durchführung. Die Bestellung der Komposition war im Februar 1775 erfolgt, kurz vor der Abreise Mozarts nach Salzburg. Aus diesem Grund war Mozart gezwungen, das Stück in großer eile zu schreiben, damit die Aufführung rechtzeitig während der Messe in der Hofkapelle am 5. März 1775, dem ersten Fastensonntag, erfolgen konnte. Den Text entnahmMoz- art dem 88. Psalm, Vers 1. Kirchensonate C-Dur KV 336 unter der Bezeichnung „Kirchensonate“ oder „epistelsonate“ sind 17 ein- sätzige Instrumentalkompositionen Wolfgang Amadeus Mozarts bekannt, teils schlichte Trios für zwei Violinen und Bass, teils großzügige konzer- tante Sätze mit obligater Orgel. Zu Mozarts Zeit waren die sogenannten Kirchen- bzw. epistelsonaten ein fester Bestandteil der Messe. Mozart schrieb einige davon bereits vor seiner Zeit als Salzburger Hoforganist. Sie erklangen nach der epistellesung, also zwischen dem Gloria und dem Credo. Mozart blieb nur zwei Jahre im Amt des Salzburger Hoforganisten. Die tyrannische Art seines Auftraggebers erzbischof Hieronymus Graf Collo- redo war für ihn nur schwer zu ertragen. Sie nahm ihm den Raum, sich künstlerisch frei zu entfalten. Dazu hatte Colloredo kurz vor seinemAmts- antritt grundsätzliche Änderungen im Bereich der Messegestaltung durch- gesetzt, sodass ein Gottesdienst in Salzburg ab sofort nicht länger als 45 Minuten sein durfte. Die musikalische Gestaltung hatte er damit quasi gen null gefahren. nach Colloredos neuem Zeitplan durften Kirchensonaten nur noch zwei bis drei Minuten dauern, was eine echte Herausforderung für den jewei- ligen Komponisten bedeutete. Aber Mozart wäre nicht Mozart, wenn er nicht trotzdem kleine Meisterwerke daraus gemacht hätte. er komponierte einzigartige liturgische Miniaturen, in denen er konzentriert, aber ver- spielt-phantastisch, eine musikalische Idee auf den Punkt brachte. Lektorat: Christina Bergmann Hannsjörg Bergmann

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