Tage Alter Musik – Programmheft 2021

18 T AGe A LTeR M uSIK R eGenSBuRG Konzert 2 gements, die den Melodien Bässe hinzufügten, ergaben sich aus der not- wendigkeit, einer Gesellschaftsschicht, die an Opern und Kammermusik- werke gewöhnt war, die entdeckung der traditionellen irischen Musik nahezubringen. The Original Black Joke, sent from Dublin, dessen älteste Fassung von 1720 zu hören ist, war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Großbritan- nien und auf den britischen Inseln das populärste Lied. Black Joke, in schlüpfrigen Liedern, Theaterstücken ( Ballad operas), höfischen Tänzen, verschiedenen Airs und anderen Liedern wie Joak (Red Joak, White Joak, Yel- low Joak, Blue Joke, True Joke, Widow Joak, Grey Joak usw.) abgewandelt, ver- danket seinen erfolg nicht zuletzt dem umstand, das Joak oder Joke eine Bezeichnung für das weibliche Geschlechtsteil ist. Das Lied Eileanóir a Rún (Eleanor, meine heimliche Liebe) erklingt in drei chro- nologisch aufeinanderfolgenden Fassungen. eine genaue Datierung der enstehung dieses Lovesongs ist schwierig; es soll im 15. Jahrhundert von dem Barden Cearbhal ua Dalaigh geschrieben worden und an eleanor Cavanagh gerichtet gewesen sein, die Tochter von Sir Morgen Cavanagh auf Schloss Clonmullen in der Grafschaft Carlow. Die im sean-nós („alten Stil“) interpretierte erste Fassung wurde von Gene- ration zu Generation weitergegeben und ist vor allem in Connemara (einer Region imWesten Irlands in der Grafschaft Galway) noch heute zu hören. Reinoud Van Mechelen lernte sie bei der Sängerin Orlaith ni Mheachair kennen, die sie ihrerseits von ihrem Vater her kannte. Das Lied war so erfolgreich, dass es im 18. Jahrhundert in vielen Sammlungen zu finden ist, z. B. in Beggar´s Wedding von Charles Coffey (1728) oder – in der Fas- sung des Harfenisten Denis Hempson, der damals 99 Jahre alt war – in A General Collection of Ancient Irish Music (1796) von edward Bunting. Aileen Aroon, an Irish Ballad sung by Mrs Clive at ye theater Royal ist unver- öffentlicht, da es sich um dasselbe Lied handelt, allerdings in einer Fas- sung, die von der sehr beliebten Schauspielerin und Sängerin Kitty Clive (1711 – 1785) im Jahr 1740 interpretiert und phonetisch in einem irischen Dialekt der Provinz ulster notiert wurde. Damals war es üblich, zwischen den Akten von Theaterstücken Lieder einzufügen, und die Beliebtheit von Aileen Aron (oder Ellen a Roon ) hat Kitty Clive viel zu verdanken, da nach ihr viele Musiker und Sänger in Dublin wie in London das Lied in ihr Repertoire aufnahmen. Der irischen Zeitschrift Bolster´s Quaterly zufolge soll sogar Georg Friedrich Händel, nachdem er Aileen Aroon gehört hatte, geäußert haben, er wäre lieber Komponist dieses Liedes als all seiner bis- herigen Werke gewesen. ein anderes in der traditionellen irischen Musik häufi behandeltes Thema ist das kriegerischer Auseinandersetzungen. Während Will ye go to Flanders zu den Anti – Kriegsliedern gehört (in direkter Anspielung auf die histo- rische Praxis adeliger Kreise, - der Frauen ebenso wie der Männer – voller Bewunderung die Schlachtfelder zu besuchen, als gingen sie ins Theater), macht sich das Lied Teague, the irish trooper in ganz anderem Tonfall über die niederlage der Iren im Jahre 1691 bei der Invasion Wilhelms von Ora- nien anlässlich der Belagerung von Limerick lustig. Der Text ist absichtlich schlecht an die Melodie von The Siege of Limerick angepasst, um die man- gelhafte Bildung der Protagonisten zu verspotten: Seit dem ende des 17. Jahrhunderts äffen lange Gedichte die Sprechweise der Iren aus der sozi- alen unterschicht nach und verwenden den Vornamen Teague (Taghg), der auf irisch „Dichter“ bedeutet, ironisch als Spitznamen für „Ire“ und als Begriff für diese Satirelyrik. Das „slow Air“ An Buachaillin Bán schlie- ßlich ist ein Lied aus der Grafschaft Cork, das ich bei der irischen Sängerin Karan Casey kennengelernt habe. Hinter diesem Klagelied verbirgt sich eine revolutionäre Botschaft: An Buachaillin Bán ist mit The Fair-Haired Boy

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