Tage Alter Musik – Programmheft 2021

34 T AGe A LTeR M uSIK R eGenSBuRG Konzert 5 zweifellos einer der bedeutendsten Komponisten der Dynastie. Johann Sebastian Bach sagte von ihm, er sei ein „profonder Componist“. neben seinen Funktionen als Organist war Johann Christoph auch Hofmusiker. So wird Johann Bernhard ebenfalls Cembalist am Hof und 1712 zum Kapellmeister ernannt. Leider ist das alles, was wir über seine Biographie wissen. Kannten sich die beiden Cousins (zweiten Grades)? ein Zufall brachte sie 1703, im Todesjahr von Johann-Christoph, in nahe gelegene Städte. Johann Bernhard wurde, wie wir bereits erfuhren, nachfolger des Verstorbenen in eisenach, während Johann Sebastian in Arnstadt seine erste Organis- tenstelle antrat. Die beiden Städte liegen etwa fünfzig Kilometer vonein- ander entfernt… ein sehr bedeutender Komponist dieser Zeit schuf ebenfalls eine Verbin- dung zwischen den beiden Bachs. es handelt sich um Georg Philipp Tele- mann, der damals bereits über eine sehr seriöse Ausbildung in allen Stilen verfügte und 1706 zum ersten Geiger und Kapellmeister des Herzogs von eisenach ernannt wurde. Ihm folgte Johann Bernhard 1712 auf dem Kapellmeisterposten nach. Man weiß aber auch, dass Johann Sebastian Bach sehr freundschaftliche Beziehungen zu Telemann unterhielt. Davon zeugt, dass Telemann der Taufpate von Johann Sebastians zweitem Sohn, Carl Philipp emanuel, war. So knüpften sich nach und nach Beziehungen zwischen diesen Musikern an. Doch fehlen uns so viele Informationen! Aber man kann kaum anders, als sich solche Begegnungen vorzustellen! Zum Beispiel, dass Johann Sebastian Johann Bernhard beim Begräbnis von Onkel Johann Christoph traf? Oder dass Telemann 1714 anlässlich der Geburt seines Patenkinds nach Weimar kam? Von Johann Bernhard ist recht wenig erhalten; einige Stücke für Cembalo (3 Chaconnen), einige Orgelchoräle und vor allem vier Ouvertüren für Orchester, drei davon sind heute im Konzert zu hören. Das ist nicht viel neben den hunderten Kompositionen seines Cousins und Telemanns, seines Kollegen vom eisenacher Hof. Diese Ouvertüren von Johann Bern- hard Bach bilden auch eine sehr wichtige Verbindung zur musikalischen Tätigkeit Johann Sebastian Bachs in Leipzig. Im nachlass Carl Philipp emanuel Bachs finden sich nämlich Kopien dreier dieser Ouvertüren (D- Dur, G-Dur und g-Moll). Sie werden auf die Jahre 1729/1730 datiert und waren zweifellos für die Konzerte des Collegium Musicum bestimmt. Außerdem gehören drei Ouvertüren (g-Moll, G-Dur und e-Moll) zu einer Sammlung, die als vollständige Partitur von einem gewissen S. Hering in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. kopiert wurde. noch interessanter ist, dass wir für drei der Ouvertüren (D-Dur, G-Dur, g-Moll) über Material verfügen (getrennte Stimmen für die Instrumentalisten), das von meh- reren Kopisten stammt, von denen einige identifiziert werden konnten: Johann Sebastian Bach, Carl Philipp emanuel Bach, Johann Ludwig Krebs und Johann Ludwig Dietel. Hier ein kleines Szenario einer rekonstruier- ten historischen Szene… Kopien der Partituren von Johann Bernhards Ouvertüren sind eben in Leipzig eingetroffen. Ist Johann Bernhard seinen Cousin besuchen gekommen? Diese Musik soll beim nächsten Sonntagskonzert des Col- legiumMusicum aufgeführt werden. Wie bei der Kantate, die beimMor- gengottesdienst in der Thomaskirche gespielt wurde, muss nun das notenmaterial in aller eile kopiert werden. Jede Hilfe ist willkommen, denn man braucht ausreichend noten für alle Musiker. Verschiedene Kopisten bemühen sich um die zwei für die Violinen notwendigen exem- plare. Johann Sebastian vervollständigt die noten, die für die Basso-con- tinuo-Spieler vorgesehen sind; er fügt die Bezifferung sorgfältig hinzu. All das geht sicher mit einer gewissen Aufregung Hand in Hand, mit demWunsch, die noten so rasch wie möglich auf die Pulte zu legen und diese Musik zu Gehör zu bringen, sie zu proben und so das Konzert im Café Zimmermann vorzubereiten. Dort werden die Werke von „Kennern und Liebhabern“ gehört, wie Carl Philipp emmanuel Bach sich später ausdrücken sollte, um das Publikum zu beschreiben, für das diese Sona- ten und Rondos bestimmt waren! einige Zuhörer rauchten Pfeife, andere tranken Wein aus Franken oder einen Humpen Bier, und nach dem Kon- Manuskript der ersten Stimme (Dessus) der D-Dur-Ouverture von J. B. Bach Manuskript der Partitur der G-Dur-Ouverture von J. B. Bach

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