Tage Alter Musik – Programmheft 2021

39 T AGe A LTeR M uSIK R eGenSBuRG Konzert 6 zum Programm: tanz des Wahnsinns – tanz der Liebe – tanz des Lebens – tanz des todes In Frankreich wurde die Passacaille seit Jean-Baptiste Lully auch als Büh- nentanz aufgeführt, z. B. in seiner Oper Armide (1686). In Armide (Akt V, Szene 1) lässt die Zauberin Armida für ihren Geliebten Renaud (Rinaldo) eine große Passacaille in g-moll für Orchester, Chor und Solisten aufspie- len. Sie besteht aus dem eigentlichen Tanz und einer Gesangsszene, dauert ungekürzt ca. 13 Minuten und ist allein wegen ihrer Instrumentierung mit Zwischenspielen verschiedener Orchestergruppen wie Oboen oder Flöten ein zu ihrer Zeit sehr besonderes Stück; inmitten des Tanzes besingen „glückliche Liebende“ und die personifizierten Freuden (les Plaisirs) die Freuden der Liebe („Les plaisir ont choisi pour asile…“). Lullys Passacaille aus Armide verfehlte ihre Wirkung nicht: Henry d’Anglebert veröffent- lichte drei Jahre später eine Transkription für Cembalo solo, die Anastasia Antonova & Anna Kiskachi für zwei Cembali arrangierten. nicht jeder, der am Versailler Hof das musikalische Spitzenamt des „Maî- tre de musique de la chambre du Roi“ bekleidete, schrieb sich damit auto- matisch ins Musikgeschichtsbuch ein. In der ersten Hälfte des 18. Jahr- hunderts war der aus Savoyen stammende Joseph-nicolas-Pancrace royer (1705-1755) in Frankreich zwar ein berühmter Mann. Doch seine Opern wie auch die Cembalowerke spielen selbst in seiner Heimat kaum bis gar keine Rolle mehr. Das 1746 komponierte „Premier Livre de pièces pour clavecin“ scheint Royers größter Wurf gewesen zu sein. Royers Klang- sprache spannt einen weiten Bogen von zarten Charakterstücken bis zu aufbrausender Virtuosität. Daraus erklingen La Marche des Scythes, Vertigo und Tambourin. Lascia ch’io pianga ist eine der berühmtesten Arien von Georg Friedrich Händel. Die Melodie erklang erstmals 1705 bei der uraufführung von Händels erster Oper Almira, Königin von Castilien imHamburger Theater am Gänsemarkt. Im dritten Akt, beim Vorbeizug der personifizierten erd- teile, begleitet sie, als Instrumentalstück, den Auftritt Asiens. 1707 kom- ponierte Händel in Rom das Oratorium Il trionfo del Tempo e del Disinganno. Darin legte er die Melodie der allegorischen Figur des Piacere („Vergnü- gen“) in den Mund: Lascia la spina, cogli la rosa – Lass doch die Dornen, pflücke die Rose . erst in der Oper Rinaldo wird die Musik zur Klage. Im Verlauf der Handlung, eines phantastischen Kreuzzugsdramas, gerät die christli- che Jungfrau Almirena in Gefangenschaft und wird von dem sarazeni- François-Hubert Drouais (1727-1775): Porträt von Marie Justine Benoîte Duronceray (nach der Heirat Marie Favart), 1757

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