Tage Alter Musik – Programmheft 2021

44 T AGe A LTeR M uSIK R eGenSBuRG Konzert 7 zum Programm: „L’europe Galante“ – Mannheim, Wien, Mailand Das Ziel dieses Programms mit dem namen L’Europe galante ist es, eine Übersicht über die musikalische Tradition des europäischen früh-klassi- schen Zeitalters zu bieten, so vergleichend und detailliert wie im Rahmen eines einzigen Konzertes möglich. Vergleichend ist es, weil es einflussrei- che Vertreter von drei wichtigen Schulen dieser Zeit beinhaltet: Mannheim, Wien und Mailand; detailliert ist es, indem es Symphonien und Konzerte aus Sammlungen enthält, welche vom Standpunkt technischer Komple- xität und damaliger Innovativität bedeutsam sind. einer Art geographischem Muster folgend, präsentiert unser Programm auf den ersten Schritten der Grand Tour – der kulturellen Reise, die euro- päische Adlige im 18. Jahrhundert unternahmen – einen direkten Vergleich von fünf Komponisten: Johann Wenzel Anton Stamitz (1717-1757), der große Meister des Mannheimer Stils; Georg Christoph Wagenseil (1715- 1777) und Georg Matthias Monn (1717-1750), zwei der ammeisten gefeier- ten Komponisten der Wiener Schule; Giovanni Battista Sammartini (1700- 1775), dessen name allein bereits den Mailänder Musikgeschmack ver- körpern könnte, und schließlich Carl Philipp emanuel Bach (1714-1788), ein Komponist, der alle ästhetischen Facetten einer Zeit konzentriert, die nicht länger Barock, aber auch noch nicht klassisch war. Das Programm beginnt in Wien, mit der brillanten Symphonie in D-Dur WV 376 von Wagenseil, einem regelrechten Manifesto der neuen empfind- samkeit. Charakterisiert durch formale Schlichtheit, die trotzdem nie in die Bedeutungslosigkeit versinkt, stellt dieses dreiteilige Werk ein mus- terhaftes Beispiel des Wiener Geschmacks und zweifellos ein Vorbild für jüngere Komponisten wie Haydn oder Mozart dar, die später die größten Komponisten ihrer Zeit werden sollten. es enthält sämtliche wichtige effekte und Motive des Genres: die strahlende Virtuosität des Allegro, die elegische Atmosphäre im langsamen Satz und in technischer Hinsicht eine konsistente erneuerung der Sonatenform. Dieselben Aspekte sind ebenso, oder vielleicht sogar noch stärker, präsent in Monns gefeiertem Konzert in g-Moll für Cembalo und Streicher mit seinen bestimmten und zugleich tief pathetischenAußensätzen und dem sanften und pastoralenAdagio, womit es in gewisser Weise fast schon die Moll-Klavierkonzerte Mozarts vorweg- nimmt. Mit dem ruhelosen Orchestertrio in C-Dur Op. 4 Nr. 3 von Johann Stamitz ändert sich die Stimmung schlagartig, denn mit ihm stürmt der Mannhei- mer Stil die Bühne. Typisch für ihn sind Stücke von energischer Intensität, sie blicken zurück auf den Barock, verkörpern aber zugleich auch den Geist der späteren symphonischen Werke des Sturm und Drang. Stamitz verweigert sich dem strengen Kontrapunkt, wenngleich imitierende Pas- sagen zwischen den Teilen die Basis seines Komponierens bilden. Aus Johann Georg Ziesenis (1716-1776): Porträt von Karl Theodor von der Pfalz im kurfürstlichen Ornat mit Hubertusorden und Marschallstab (1724-1799) Johann Stamitz

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