Tage Alter Musik – Programmheft 2021

50 T AGe A LTeR M uSIK R eGenSBuRG Konzert 8 das Duett aus Herkules auf dem Scheidewege in die ersten vier Teile des Weihnachtsoratoriums ein und (mit Ausnahme der ersten Arie) auch alle Chöre und Arien aus Tönet, ihr Pauken! erschallet, Trompeten! in die ersten drei Teile, wobei die beiden Chöre aus dieser Kantate im Weihn- achtsoratorium eine herausragende Stellung als eingangschöre des ersten und dritten Teils einnehmen. Deutlich geringer ist dagegen der Beitrag aus der Glückwunschkantate Preise dein Glücke, gesegnetes Sachsen, aus der nur eine Arie in den fünften Teil des Weihnachtsoratoriums übernom- men wurde. Auch wenn man Bachs Vertonung der Weihnachtsgeschichte nicht zuletzt aufgrund des geschickten Arrangements und der hohen kompositorischen Qualität seiner Sätze als völlig überzeugend empfindet, erschließen sich einige musikalische Details nur aus den Libretti der Parodievorlagen. exem- plarisch sei nochmals auf den eingangschor „Tönet, ihr Pauken!“ verwiesen, der zum Text „Jauchzet, frohlocket!“ die jubelnde Weihnachtsstimmung zu Beginn des Oratoriums zwar sehr wirkungsvoll zum Klingen bringt, die oben beschriebene einsatzfolge von Pauken, Trompeten, Streichern und Chor aber nicht so sinnfällig vermittelt wie der Originaltext aus der Glückwunsch- kantate. Die musikalischen Querverbindungen des heutigen Konzerts reichen noch weiter, auch zeitlich zurück, denn Teile der heute erklingenden Kantaten haben ebenfalls eine „Vergangenheit“ in älteren Vorlagen. So entstammt etwa der „Chor der Musen“ der Herkules-Kantate wiederum einer Glückwunschkantate aus Bachs lange zurückliegender Köthener Zeit, und der prächtige doppelchörige eingangschor aus der unter so hohem Zeitdruck entstandenen Kantate Preise dein Glücke, gesegnetes Sachsen kommt mit größter Wahrscheinlichkeit aus der verschollenen Huldigungskantate es lebe der König, der Vater im Lande BWV Anh. 11 zum namenstag Augusts des Starken, also des Vaters des gepriesenen Kurfürsten, ein Werk, das zwei Jahre zuvor in Abwesen- heit des Hofes aufgeführt worden war. Bach-Forschung ist also eine reiz- volle Detektivarbeit mit herrlichen erkenntnissen, die wir heute mit Herz und Verstand erfassen und erleben dürfen. © Michael Wackerbauer, UR CD: Solomon’s Knot – Magnificat – Bach – Kuhnau – Schelle Gerard Dou / Gerrit Dou (1613-1675): Der Trompeter; im Hintergrund ein Fest

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