Tage Alter Musik – Programmheft 2022

Preis: 10,00 € 3. BIS 6. JUNI 2022 MUSIK VOM MITTELALTER BIS ZUR KLASSIK KONZERTE AN HISTORISCHEN STÄTTEN Regensburger Domspatzen Hofkapelle München Les Meslanges (Frankreich) Les Muffatti (Belgien) Blue Heron (USA) orchester le phénix (Schweiz) Alamire (Großbritannien) His Majestys Sagbutts & Cornetts (Großbritannien) Cupertinos (Portugal) Jupiter (Frankreich) RUMORUM (Schweiz) Clematis (Belgien) I Gemelli (Frankreich) The Tallis Scholars (Großbritannien) Leila Schayegh (Schweiz) Canticum Novum (Frankreich) La Guilde des Mercenaires (Frankreich) Collegium Marianum (Tschechien) Marionettentheater Buchty a loutky (Tschechien) Verkaufsausstellung von Nachbauten historischer Musikinstrumente, von Noten, Büchern und CDs Internationale Tagung „Cipriano de Rore: I Madrigali a cinque voci (1542)“

3 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Grußworte 5 Konzert 1 Regensburger Domspatzen & Hofkapelle München 6 Konzert 2 Les Meslanges 12 Konzert 3 Les Muffatti & Bart Jacobs 18 Konzert 4 Blue Heron 22 Konzert 5 orchester le phénix 26 Konzert 6 Alamire & His Majestys Sagbutts & Cornetts 30 Konzert 7 Cupertinos 36 Konzert 8 Jupiter 40 Konzert 9 RUMORUM 46 Konzert 10 Clematis 50 Konzert 11 I Gemelli 54 Konzert 12 The Tallis Scholars 58 Konzert 13 Leila Schayegh 62 Konzert 14 Canticum novum 66 Konzert 15 La Guilde des Mercenaires 72 Konzert 16 Collegium Marianum & Marionettentheater Buchty a loutky 78 Terminübersicht der Rundfunkübertragungen 39 Internationale Tagung „Cipriano de Rore and the Invention of the Venetian Madrigal“ 89 Konzerteinführungen 91 Diskografie 92 Kurstag 93 Ausstellung 94 Festivallokal 97 Konzertorte / Veranstaltungsorte 98 Dank 102 Stadtplan 103 Zeittafel 104 Inhalt

5 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Grußworte Grußworte Regensburg ist eine Stadt voller Seltsamkeiten. eine der größten, neben den seit 1984 abgehaltenen Tagen Alter Musik, ist die 24 Jahre alte Gedenktafel der griechischen Stadt nafpaktos vulgo Lepanto für Regensburgs berühmtesten Krieger Juan d`Austria, die einheimische Barbara Blomberg hat ihn zusammen mit Kaiser Karl V. intra muros gezeugt. Juan, so schreiben die nafpakteten, habe 1571 in der Seeschlacht von Lepanto wie „Themistokles vor Salamis“ europa gerettet. Das ist europäische Kriegsgeschichte. Jetzt herrscht wieder Krieg in europa, kein halbwegs sensibler Mensch kann sich vor dessen Verheerungen, Mördereien und Vergewaltigungen verschließen, und niemand wird den realen Krieg mit der harmlosen Battaglia des Salzburger Hofkomponisten Ignaz Franz Biber verwechseln. Auch in den Konzertsälen ist der Frieden mit Putins Krieg gegen die Ukraine dahin, niemand kann sich mehr ganz auf die Musik konzentrieren. Die Hl. Messe schließt in Vertonungen mit der Friedensbitte „Dona nobis pacem“, das Kriegerlied „L`homme armé“ war noch zu Zeiten Karls V. eine beliebte Vorlage für solche Vertonungen. All dies wird jetzt anders gehört, der reale Schrecken intensiviert das Hören von Musik, die ihrerseits befragt wird, ob sie angesichts des Metzelns eine Berechtigung hat und Relevanz, ob sie existentiell wichtig oder nur ein Schnörkel ist, der champagnergleich das Leben aufschäumt. Die Cembalistin Zuzana Růžičková hatte vier Konzentrationslager überlebt, sie wurde dennoch Musikerin. Doch Beethoven und dessen Wut und Schreien wider die Missstände der Welt waren ihr nicht genug. Mit Johann Sebastian Bach aber war das eine andere Sache, dessen Vertrauen in eine Ordnung über den Menschen gab ihr Trost. So werden das viele Menschen empfinden, gerade „in tempore belli“. Bach, kein Pathos, wird seiner Wirkmächtigkeit gerecht, ist der Drehpunkt der Musikgeschichte. Alles Komponieren davor mündet in ihn, alles Komponieren danach arbeitet sich ab an ihm. Das Komponieren bis zu Bach ereignet sich in entlastender Ich-Ferne, es stellt den Schwund und den Tanz über das Wollen und Müssen und Bekennen und bietet so dem Hörer auch Trost. Diese Musik ist das angestammte Thema der Tage Alter Musik, die ihren Radius bis zur Wiener Klassik ausgeweitet haben, aber immer noch ihrem Impetus einer archäologischen Avantgarde folgen, gern alte unbekannte Komponist(inn)en von jungen Musiker(inn)en spielen lassen. Auf dass die Welt getröstet werde und die Haudraufs à la Juan d`Austria nicht das letzte Wort haben mögen. Reinhard J. Brembeck, Redakteur, Süddeutsche Zeitung Musik an historischen Stätten zu hören, ist immer etwas Besonderes. Und Alte Musik in Regensburg zu hören, ist eine besonders schöne Kombination. Die „Tage Alter Musik“ bieten vom 3. bis 6. Juni 2022 musikalische Höhepunkte vom Mittelalter bis zur Klassik. Das Festival hat sich seit seiner Gründung zu einem kulturellen Markenzeichen Regensburgs entwickelt und zieht jedes Jahr Menschen aus der ganzen Welt an. Als 1984 die erste Konzertreihe stattfand, starteten die Organisatoren mit nur sechs Künstlern, bzw. ensembles, aus drei Ländern und fünf Konzerten. Seitdem ist das Festival, was seine Größe und die Anzahl der Teilnehmenden angeht, stetig gewachsen. Heute würde man für die Initiatoren der „Tage Alter Musik“ neudeutsch das Wort entrepreneur benutzen. Der Wunsch, während des Studiums bereits ein solches Festival professionell auf die Beine zu stellen und es nachhaltig zu einer der renommiertesten Veranstaltungen weiterzuentwickeln, ist bewundernswert und ein echter Gewinn für unsere Stadt. Mein Dank gilt daher den Veranstaltern, den Organisatoren und natürlich auch allen Mitwirkenden, die seit vielen Monaten schon in die Planung des diesjährigen Festivals mit Tagung und Ausstellung einbezogen sind. Traditionell wird das Festival mit einem Konzert der Regensburger Domspatzen eröffnet. Diesmal stehen Chorwerke von W.A. Mozart im Vordergrund des eröffnungskonzertes, ergänzt durch die Sinfonie nr. 67 G-Dur von Christian Cannabich. Die historischen Stätten in Regensburg als Konzertorte tragen zum Charme des Festivals bei. Für alle, die tiefer in die Materie einsteigen möchten, gibt es bei drei Konzerten eine einführung durch das Institut für Musikwissenschaft der Universität Regensburg. Die über 1.000 Quadratmeter große internationale Verkaufsausstellung im historischen Salzstadel an der Steinernen Brücke ist für die ganze Familie ein spannender Ort, kann man hier doch nachbauten historischer Musikinstrumente bewundern, noten und CD’s erwerben und sich mit anderen Musikbegeisterten austauschen. Knapp 50 Aussteller aus dem In- undAusland konnten hierfür gewonnen werden. Liebes Publikum, liebe Musikerinnen und Musiker, liebe Festgäste, seit Beginn der Pandemie haben wir Kunst und Kultur schmerzlich vermisst. Umso mehr wünsche ich Ihnen nun wunderbare Musikerlebnisse und Tage voller außergewöhnlicher Klangmomente. Freuen Sie sich auf Konzerte, Veranstaltungen sowie Ausstellungen im Salzstadel, der Basilika am Alten Kornmarkt, der Minoritenkirche, der Basilika St. emmeram, der Schottenkirche St. Jakob, dem Dom St. Peter, dem Theater am Bismarckplatz, der Dreieinigkeitskirche sowie dem Reichssaal im Alten Rathaus. Tauchen Sie ein in die spannende Geschichte der Musik und genießen Sie dieses außergewöhnliche Festival! Gertrud Maltz-Schwarzfischer Oberbürgermeisterin der Stadt Regensburg In der Universitätsstadt Regensburg bewegt man sich ganz selbstverständlich zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, das verdeutlicht nicht zuletzt die Steinerne Brücke als zentraler Treffpunkt der Jungen und Junggebliebenen. DieAltstadt der UneSCO-Weltkulturerbestadt ist nicht nur denkmalgeschütztes ensemble und kulturelles Zentrum, sondern auch Ausgehviertel amPuls der Zeit. AmPfingstwochenende verdichtet sich dieses besondere Flair alljährlich auf besondere Weise, denn mit den Tagen Alter Musik wird hier eine inspirierende musikalische Brücke in die Vergangenheit geschlagen. Das renommierte Festival ist längst zum festen Bestandteil und Markenzeichen des Regensburger Kulturlebens geworden und sein Ruf reicht weit über die Mauern der Stadt. Traditionell und innovativ zugleich erklingen Werke verschiedener epochen, vomMittelalter bis zur Romantik, mit dem Ziel, im Alten das neue zu entdecken. Zahlreiche historische Spielorte schaffen dafür eine ganz besondere Atmosphäre und ermöglichen eine einmalige Verbindung zur historischen Aufführungspraxis. Die Konzertbesucherinnen und -besucher erwartet ein reichhaltiges Programm, das mit dem hohen künstlerischen Anspruch einer lebendigen Aufführungsästhetik großartigen Musikgenuss verspricht. Herzlichen Dank an alle, die mit ihrem engagierten einsatz die „Tage Alter Musik“ in Regensburg möglich machen. es freut mich, dass auch der Freistaat Bayern das Festival seit vielen Jahren als verlässlicher Partner finanziell unterstützen kann und ich wünsche dem Publikum viele unbeschwerte musikalische erlebnisse. Viel Freude beim eintauchen in die wunderbare Welt der Alten Musik! Markus Blume Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Foto: Baltasar Christian elias Brembeck Foto: StMWK/Böttcher

6 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 1 Hofkapelle München Regensburger Domspatzen Foto: Hanno Meier regensburger Domspatzen & Hofkapelle München Freitag, 3. Juni 2022, 20.00 Uhr Dreieinigkeitskirche Am Ölberg 1 W. A. Mozart (1756–1791) - Missa & Vesperae Katja Stuber Sopran Dorothée rabschAlt Michael Mogl Tenor Joachim Höchbauer Bass rüdiger Lotter Konzertmeister Christian HeißLeitung

7 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 1 Die weltbekannten regensburger Dom - spatzen sind der wahrscheinlich älteste Knabenchor überhaupt. Vor über 1000 Jahren, im Jahr 975, gründete Bischof Wolfgang eine eigene Domschule, die neben dem allgemeinbildenden Unterricht besonderen Wert auf die musikalische Ausbildung legte. Den Schülern war der liturgische Gesang in der Bischofskirche übertragen. Bis heute liegt die Hauptaufgabe der Regensburger Domspatzen in der musikalischen Gestaltung der Gottesdienste im Regensburger Dom. Während der Schulzeit und an den Hochfesten der Kirche singen sie dort jeden Sonntag. neben dem Chor des Domkapellmeisters gibt es zwei weitere Chöre mit je eigenen Chorleitern. Das umfangreiche musikalische Repertoire der Domspatzen reicht von den ältesten Gesängen der Kirche, dem Gregorianischen Choral, über die Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts (mit Werken von Palestrina, di Lasso und Hassler), den Barock und die Romantik bis hin zum Volkslied und Werken zeitgenössischer Komponisten. Seit September 2019 bekleidet Christian Heiß das Amt des Domkapellmeisters in Regensburg. Heiß war selber Domspatz. er absolvierte nach demAbitur das Studium der Kirchenmusik mit dem Fach Orgel an der Musikhochschule in München, unter anderem bei Franz Lehrndorfer. Seine Studien beendete er mit dem Kirchenmusik-A-Diplom und dem Meisterklassendiplom in Orgel. 1999 wurde er zum Domorganisten in eichstätt berufen. 2002 wechselte er in der nachfolge von Professor Wolfram Menschick in das Amt des eichstätter Domkapellmeisters. In dieser Funktion leitete er die Chöre der eichstätter Dommusik (Domchor, Schola Gregoriana und Jugendkantorei). Zusätzlich trug er als Diözesanmusikdirektor und Leiter des Amtes für Kirchenmusik die Verantwortung für die diözesane Kirchenmusik im Bistum eichstätt. Das Singen imChor des Domkapellmeisters und den beiden anderen Chören mit jeweils eigenem Chorleiter ist für die Regensburger Domspatzen eingebunden in die Bildungsaufgabe des Gymnasiums, das die Domspatzen als Internats-, Tages- oder Stadtschüler besuchen. Die Grundlagen für die Ausbildung zum Domspatz werden bereits im Kindergarten-Alter gelegt und in „Vorchören“ im Haus und an Schulen der Region entwickelt. Ab dem Schuljahr 2022/23 werden auch Mädchen das Gymnasium besuchen. Im Rahmen der Tage Alter Musik Regensburg konzertierten die Regensburger Domspatzen in den vergangenen fünfunddreißig Jahren mit La Grande ecurie et la Chambre du Roy (1986), Musica Florea (2000), Akademie für Alte Musik Berlin (2004, 2008, 2010, 2012), L’Orfeo Barockorchester (2009, 2015, 2016, 2017), Concerto Köln (2007, 2011, 2013, 2018) und der Hofkapelle München (2019, 2021). Die Hofkapelle München gilt heute als wichtigstes ensemble für historische Aufführungspraxis im süddeutschen Raum und hat sich seit ihrer neuformierung im Jahr 2009 unter der Leitung des Barockgeigers und Dirigenten Rüdiger Lotter einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Künstlerpersönlichkeiten wie Reinhard Goebel, Alessandro de Marchi, Dorothee Oberlinger, Hille Perl, Christiane Karg, Lawrence Zazzo und Vivica Genaux arbeiteten mit der Hofkapelle München zusammen. Das Orchester konzertiert auch mit Gesangsensembles und Chören wie dem Tölzer Knabenchor und dem Chor des Bayerischen Rundfunks. Schwerpunkt der künstlerischen Arbeit ist die Wiederaufführung des reichen Schatzes bayerischer Musikgeschichte. Auch an Repertoireauswahl und Realisierung von Opernproduktionen des 17. und 18. Jahrhunderts ist die Hofkapelle München in Kooperation mit der Bayerischen Theaterakademie August everding regelmäßig beteiligt. 2012 wurde das Orchester zusammen mit dem Countertenor Valer Sabadus für die einspielung der CD „Hasse reloaded“ mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Die einspielung der „Sechs Brandenburgischen Konzerte“ von Bach im Jahre 2013 war ebenfalls äußerst erfolgreich. Im Oktober 2014 erschien die SoloCD „Le belle immagini“ des Countertenors Valer Sabadus bei Sony Classical mit der Hofkapelle München unter der musikalischen Leitung von Alessandro de Marchi. Sie wurde mit dem echo Klassik 2015 in der Kategorie „Solistische einspielung des Jahres“ ausgezeichnet. Im September 2015 erschien die CD „Angel Devil Priest“ mit Violinkonzerten von Locatelli, Leclair und Vivaldi, in welcher die französisch-armenische Geigerin Chouchane Siranossian abwechselnd mit Rüdiger Lotter die Solo-Partien übernimmt. Mit den Regensburger Domspatzen konzertiert die Hofkapelle München nach 2019 und 2021 zum dritten Mal. Seit 2009 ist rüdiger Lotter künstlerischer Leiter der Hofkapelle München. Als einer der interessantesten und vielseitigsten Barockgeiger seiner Generation macht er sich im Bereich der historischen Aufführungspraxis inzwiChristian Heiß, Domkapellmeister Foto: Michael Vogl Rüdiger Lotter, Konzertmeister Hofkapelle München Foto: Isabella Bison

8 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 1 schen auch als Dirigent einen namen. Seine Interpretation der Brandenburgischen Konzerte, die er mit der Hofkapelle München für Sony Music 2013 vorlegte, wurde von der Fachpresse mit Lob überschüttet. Von 2011 bis 2014 war Rüdiger Lotter künstlerisch verantwortlich für die Barockproduktionen mit dem Orchester der Ludwigsburger Schlossfestspiele. Seit 2013 wird Rüdiger Lotter auch vom Festival „Styriarte“ in Graz regelmäßig eingeladen, ummit dem dortigen Orchester zu arbeiten. Als künstlerischer Leiter der Hasse-Gesellschaft München setzt er sich zudem intensiv für die Wiederentdeckung des Werks von Johann Adolph Hasse ein. 2011 wurde auf seine Initiative Hasses Oper „Didone Abbandonata“ imMünchner Prinzregententheater wieder aufgeführt. Als Solist oder mit seinem Kammerensemble Lyriarte tritt er regelmäßig bei allen wichtigen Festivals im deutschsprachigen Raum auf. Auch seine bei Oehms-Classics erschienenen Solo-CDs wurden von der internationalen Fachpresse begeistert aufgenommen. Für seine CD „Biber-Berio“ wurde Rüdiger Lotter nicht zuletzt aufgrund der innovativen Programmkonzeption ein großes Medienecho zuteil. er erhielt mehrere Auszeichnungen, so beim renommierten Wettbewerb „Premio Bonporti“ in Rovereto (Italien) und beim internationalen Heinrich-Schmelzer-Wettbewerb in Melk (Österreich). Die Sopranistin Katja Stuber wurde in Roding in der Oberpfalz geboren, studierte an der Hochschule für Musik und Theater München bei Christian Gerhaher sowie in Saarbrücken bei Ruth Ziesak. In der Spielzeit 2009/2010 war sie am Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz engagiert. Von 2014 bis 2017 war sie ensemblemitglied im Staatstheater Darmstadt. Im Sommer 2011 feierte Katja Stuber ihr viel beachtetes Debüt als „Junger Hirt“ in Richard Wagners „Tannhäuser“ bei den 100. Bayreuther Festspielen unter der musikalischen Leitung von Thomas Hengelbrock. Bei den Festspielen der Jahre 2012 – 2014 war sie in derselben Partie unter Christian Thielemann und Axel Kober zu hören sowie als Solistin in Mozarts „Requiem“ und als Belinda in Purcells „Dido und Aeneas“ bei den Salzburger Festspielen. Als gefragte Konzert-Solistin musizierte Katja Stuber mit vielen renommierten Orchestern, u. a. mit Concerto Köln, dem Balthasar-neumann-ensemble, dem WDR Sinfonieorchester Köln, dem nDR Sinfonieorchester, den Bamberger Symphonikern, dem Gewandhausorchester Leipzig, dem Royal Concertgebouw Orchestra, dem Swedish Radio Symphony Orchestra, der Akademie für Alte Musik Berlin und dem City of Birmingham Symphony Orchestra. Katja Stuber ist Stipendiatin der Organisation Yehudi Menuhin Live Music now e.V., des Deutschen Bühnenvereins sowie des Deutschen Musikrats. Seit demWintersemester 2017/18 unterrichtet sie eine Gesangsklasse an der Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik in Regensburg. Die Altistin Dorothée rabsch studierte in Detmold und Stuttgart bei Prof. Berthold Schmid und Prof. J. Hamari. Auf einladung von Prof. Irwin Gage besuchte sie die Meisterklasse „Lied“ am Konservatorium Zürich, was ihr durch ein Zweijahresstipendium des DeutschenAkademischenAustauschdienstes ermöglicht wurde. Früh sammelte sie erste erfahrungen im szenischen Bereich durch Zusammenarbeit mit den Regisseuren ernst Poettgen und Beat Wyrsch. Von 2002 bis 2006 war sie festes ensemblemitglied am Landestheater Detmold. Im Frühjahr 2007 erschien ihre erste CD „Traum der eignen Tage“ mit Liedern von Carl Loewe, Johanna Kinkel sowie Clara und Robert Schumann. neben ihrer künstlerischen Tätigkeit war und ist Dorothée Rabsch auch die pädagogische Arbeit wichtig. So lehrte sie an der Domsingschule Paderborn, zeigte sich verantwortlich für die Ausbildung im Fach Singen/Sprechen des erzbistums Paderborn und hatte Lehraufträge am Institut für Musik der Fachhochschule Osnabrück sowie an der Hochschule für Musik Detmold. Seit demWS 2009/2010 unterrichtet sie an der Hochschule für Kath. Kirchenmusik und Musikpädagogik Regensburg. Bei den Tagen Alter Musik Regensburg gastiert sie nun nach 2012 (Schubert: As-Dur-Messe), 2014 (Mozart: Requiem) und 2019 (L. Mozart: Missa solemnis) zum vierten Mal mit den Domspatzen. Der 1987 in Regensburg geborene Tenor Michael Mogl erhielt seine erste Ausbildung bei den Regensburger Domspatzen. ImAnschluss daran studierte er in Köln und bei Werner Güra an der Zürcher Hochschule der Künste. Darüber hinaus besuchte er Meisterkurse bei Horst Laubenthal, Wolfram Rieger und Thomas Quasthoff. Der junge Tenor kann bereits eine rege Konzerttätigkeit im In- und Ausland vorweisen und arbeitete mit bedeutenden Orchestern und namhaften Dirigenten zusammen. Sein Repertoire reicht von alten Meistern bis zur zeitgenössischen Musik. Darunter sind Werke wie Monteverdis Marienvesper, Kantaten und Oratorien von J.S. Bach, Händels „Messias“, das Requiem von Mozart, Mendelssohns „Paulus“ oder Harrison Birtwistles „The Corridor“. er hat großes Interesse am Liedgesang und gestaltet verschiedene Programme mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten. Michael Mogl ist Stipendiat des Richard-Wagner-Verbandes, Förderpreisträger der Kai-Uwe-von-HasselStiftung und Stipendiat der Liedakademie des Heidelberger Frühlings. Der ehemalige Regensburger Domspatz Joachim Höchbauer absolvierte zunächst das Studium der Schulmusik an der Hochschule für Musik und Theater in München. An der Musikhochschule in Köln schloss sich das Zusatzstudium Liedbegleitung bei Prof. Glauß an, anschließend komplettierte er dort seine Ausbildung im Hauptfach Gesang bei Prof. Mechthild Georg mit dem Diplom. Künstlerische Impulse im Laufe des Studiums und darüber hinaus erhielt er u.a. auch durch Helmut Deutsch, Christoph Pregardien und Wolfram Rieger. nach langjähriger Mitwirkung als Mitglied des Collegium Vocale Gent unter Philippe Herreweghe trat er ver- Katja Stuber, Sopran Foto: Maria Conradi Dorothée Rabsch, Alt Michael Mogl, Tenor Foto: Marco Borggreve Joachim Höchbauer, Bass

9 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 1 mehrt als Solist in erscheinung. er konzertierte u. a. mit dem neuen Orchester (Christoph Spering) und Barockorchestern wie der Capella Augustina, Concerto Köln, der Kölner Akademie, Les Muffatti (Brüssel), Musica Fiata, L’Orfeo Barockorchester (Österreich) und dem Beethovenorchester Bonn. 2015 bestritt er u.a. Projekte und Konzerte in Lille, Gent, Luxemburg, Lissabon, bei den Tagen Alter Musik Regensburg mit den Domspatzen (Mozart: Missa solemnis KV 337) und beim Musikfest Stuttgart. er bestritt Konzerte u.a. in Bozen, Lissabon, im Konzerthaus Wien, in der Thomaskirche Leipzig und bei den europäischen Wochen Passau. 2018/2019 führten ihn Auftritte u. a. zumOude Muziek Festival in Utrecht, zu den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern (mit Kit Armstrong), zum Festival Wratislavia Cantans in Breslau und ins Konzerthaus Wien zum „Resonanzen-Festival“. Im Corona-Jahr 2020 war er Teil der KonzerthausBlaibach-Konzertserie und diverser CD Aufnahmen (u.a. mit Musik von Heinrich Schütz und Adrian Willaert). zum Programm: Im eröffnungskonzert der 37. Tage Alter Musik 2022 präsentieren die Regensburger Domspatzen und die Hofkapelle München zwei geistliche Werke aus Wolfgang Amadeus Mozarts (1756–1791) Salzburger Jahren sowie eine für den Münchner Hof bestimmte Sinfonie des aus Mannheim stammenden, mit Mozart befreundeten Komponisten Christian Cannabich (1731–1798). Mozarts geistliche Kompositionen, darunter die 16 vollständig überlieferten, überwiegend in Salzburg komponierten Messen und die beiden großen Vespermusiken KV 321 und KV 339, waren in der Regel von vornherein für Aufführungen in liturgischem Rahmen bestimmt. Die als „Große Credo-Messe“ oder von Leopold Mozart als „Spaur-Messe“ bezeichnete Missa in C KV 257 komponierte Mozart in seiner Zeit als Konzertmeister der Salzburger Hofkapelle vermutlich im Herbst 1776 zur Weihe seines Freundes und Gönners Graf Ignaz von Spaur, Koadjutor und Administrator des Bistums Brixen, zum Bischof von Chrysopolis am 17. november 1776. DemAnlass entsprechend zelebrierte Fürsterzbischof Hieronymus Franz von Colloredo selbst die Messe im Salzburger Dom, in deren Rahmen die C-Dur-Messe für Soli, Chor und Orchester erstmals erklang. Mit ihrer Dauer von knapp 30 Minuten, der Besetzung mit Bläsern inklusive Trompeten und Pauken, der vollständigen Vertonung des Ordinarium missae mit Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Benedictus und Agnus Dei sowie ihrem festlich-repräsentativen Charakter erfüllt sie sämtliche Kriterien einer für besonders feierliche Anlässe bestimmten Missa solemnis. Dass diese Messe aber auch außerhalb von Salzburg Verbreitung fand, bezeugt die existenz einer Vielzahl von Abschriften im europäischen Raum. Darüber hinaus zählt sie zu den wenigen kirchenmusikalischen Werken Mozarts, deren Partituren bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts – wenngleich auch in einer unvollständigen und bearbeiteten Fassung – beim Leipziger Verlag Breitkopf & Härtel im Druck erschienen. Der Aufführungstradition des Salzburger Doms folgend verzichtete Mozart weitgehend auf eine weitere Untergliederung der einzelnen Sätze des Ordinariums sowie auf ausgedehnte, in sich geschlossene virtuose Arien, ausgedehnte Fugen und längere rein instrumentale Abschnitte zugunsten einer moderneren und kompakteren Art der Messvertonung, in der – mit Ausnahme des Benedictus – die meist vierstimmigen Vokalsoli im Rahmen von Chorsätzen oft eine eher untergeordnete Rolle spielen. Der Forderung des Fürsterzbischofs Colloredo nach Messen, die eine Dauer von 45 Minuten nicht überschreiten sollten, kommt ferner das vergleichsweise schnelle Tempo (Allegro) der meisten Sätze entgegen: Mit Andante bzw. Andante maestoso überschrieben sind lediglich die ersten zehn Takte des Kyrie, das „et incarnatus est“ im Credo sowie der erste Teil des Agnus Dei. Zu den bemerkenswertesten Charakteristika der Messe zählen neben sonatensatzartigen Strukturen wie der langsamen einleitung des Kyrie und der Verwendung von Reprisen in den textreichen Sätzen Gloria und Credo an Stellen, an denen der Messtext derartige musikalische Wiederholungen eigentlich nicht impliziert, das Zitieren des Credo-Motivs aus der Kleinen Credo-Messe KV 192 im Sanctus sowie die Ableitung des „Dona nobis pacem“-Motivs der Schluss-Stretta der Messe aus der „Miserere nobis“- Bitte im Agnus Dei. Die apokryphe Bezeichnung des Werkes als Große Credo-Messe rekurriert auf die Strukturierung des umfangreichen Credo-Satzes durch emphatische, blockhaft exponierte doppelte Credo-Rufe. Diese Rufe erklingen gleich zu Beginn des Satzes unisono und forte im Chor, der sie anschließend echoartig piano wiederholt. Wie in Messen dieses Typus üblich, kehrt das der musikalischen Vereinheitlichung dienende Credo-Motiv im Laufe des Satzes mehrfach auf verschiedenen Tonstufen mit kleineren melodischen Veränderungen wieder, und zwar insbesondere vor jedem Glaubensartikel. Die Vesperae solennes de Confessore für Soli, gemischten Chor, Orchester und Orgel KV 339 komponierte Mozart ebenso wie die Vesperae solennes de Dominica KV 321 in seiner zweiten Amtszeit am Salzburger Hof. Im Februar 1779 hatte er die nachfolge des Domorganisten Anton Adlgasser angetreten. Laut Anstellungsdekret vom 17. Januar des Jahres war Mozart fortan nicht nur als Hoforganist tätig, sondern hatte auch die Kapellknaben zu unterrichten und „den Hof, und die Kirche nach Möglichkeit mit neüen von Ihme verfertigten Kompositionen“ zu versorgen. Die entstehung der ebenfalls knapp halbstündigen Vesperae solennes KV 339 wird im Allgemeinen auf das Jahr 1780 in die Zeit vor der Abreise nach MünchenAnfang november datiert. Als „solenne“ Vesper dürfte sie ursprünglich für eine Aufführung im Rahmen eines vom Fürsterzbischof zelebrierten Vespergottesdienstes im Salzburger Dom an einem der höchsten Feiertage des Kirchenjahres bestimmt gewesen sein. Diese These wird gestützt durch die große Besetzung der beiden ecksätze mit Trompeten und Pauken, die Zusammenstellung des Werkes aus den Psalmen 109 bis 112 und 116 (Dixit Dominus, Confitebor, Beatus vir, Laudate pueri, Laudate Dominum) mit abschließendem Magnificat sowie die durchweg mehrstimmige Vertonung. Alle sechs Sätze enden traditionell mit der Doxologie Gloria Patri, die sich in musikalischer Hinsicht jeweils auf den vorausgehenden Psalm bezieht. Der traditionellen Forderung nach Textverständlichkeit in derartigen Kompositionen, die u. a. durch eine überwiegend homophone Deklamation und eine klar erkennbare Trennung der Psalmverse und -abschnitte erreicht wird, kommt Mozart vor allem im Laudate pueri nicht nach. In Wolfgang Amadeus Mozart, postumes Porträt von Barbara Kraft, 1819

10 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 1 dem als Fuge mit gelegentlichen homophonen Abschnitten konzipierten Chorsatz tragen zu Beginn Bass, Tenor, Alt und Sopran nacheinander jeweils einen neuen Psalmvers vor, sodass es schließlich zu einer Überlagerung der Texte der ersten vier Verse kommt. Die Ausnahmestellung dieses Satzes wird unterstrichen durch die Wahl der Tonart d-Moll – alle anderen Sätze stehen in Durtonarten –, den archaisierenden Stile antico imAlla-breve-Takt mit Soggetti in langen notenwerten und die raffinierte kontrapunktische Gestaltungsweise. In denkbar größtem Kontrast hierzu konzipierte Mozart den folgenden Satz, Laudate Dominum, als schlichte Sopranarie mit weit gespannten Melodiebögen im wiegenden 6/8-Takt. Der Chor übernimmt die kantable F-Dur-Melodie für die Doxologie, bevor sich der Solosopran im abschließenden „Amen“ noch einmal virtuos über den Akkorden des Chores entfaltet. Die bereits in Zusammenhang mit der C-Dur-Messe erwähnte sonatensatzartige Anlage einzelner Sätze zeigt sich in den Vesperae solennes de Confessore am deutlichsten im Magnificat. Dieser letzte Satz besteht aus einer fünftaktigen langsamen einleitung, in der der feierliche Charakter des gesamten Satzes hervorgehoben wird, und einem längeren Allegro-Teil, bestehend aus einemAbschnitt, in dem drei thematische Bereiche vorgestellt werden, einem modulierenden Mittelteil, einer Reprise und einer ausgedehnten Coda. In den Monaten zwischen den beiden Anstellungen am Salzburger Hof – von September 1777 bis Mitte Januar 1779 – hatte sich Wolfgang Amadeus Mozart auf einer Bewerbungsreise, die ihn und seine Mutter u. a. nach München, Mannheim und Paris geführt hatte, vergeblich um eine neue Position bemüht. In einem Brief an seinen Vater Leopold vom 9. Juli 1778 hebt Mozart die Unterschiede zwischen den Verhältnissen am Salzburger und am Mannheimer Hof hervor: „... dies ist auch eins von den haupt=sachen was mir Salzburg verhast macht — die grobe, lumpenhafte und liederliche Hof=Musique – es kann ja ein honneter Mann, der lebensart hat, nicht mit ihnen leben; – er muß sich ja, anstatt daß er sich ihrer annehmen könnte, ihrer schämmen! – dann ist auch, und vielleicht aus dieser Ursache, die Musick bey uns nicht beliebt, und in gar keinen ansehen – ja wenn die Musique so bestellt wäre wie zu Mannheim! – die Subordination die in diesem orchestre herscht! – die auctorität die der Cannabich hat – da wird alles ernsthaft verrichtet; Cannabich, welcher der beste Director ist den ich je gesehen, hat die liebe und forcht von seinen untergebenen.“ Den Mannheimer Orchestererzieher und -leiter Christian Cannabich hatte die Familie Mozart bereits 1766 in Paris kennengelernt. Der Kontakt hatte sich allerdings erst während Mozarts Aufenthalt in Mannheim zwischen ende Oktober 1777 bis Mitte März 1778 intensiviert. Cannabich war es auch, der 1781 die Münchner Uraufführung von Mozarts Idomeneo leiten sollte. Cannabich diente insgesamt 54 Jahre in der Hofkapelle des pfälzischen bzw. bayerischen Kurfürsten Carl Theodor (1724–1799). Als Schüler von Johann Stamitz wurde er im Mai 1744 als gering besoldeter Violinist in die Hofkapelle aufgenommen, im Februar 1746 zum Hofmusiker und spätestens 1759 zum Konzertmeister ernannt. Seinen hervorragenden Ruf als Orchesterleiter erwarb sich Cannabich in der Zeit als Instrumentaldirektor des ensembles, eine Position, die er von 1774 bis zum Lebensende zunächst in Mannheim und nach der Übersiedlung des Mannheimer Hofes ab 1778 in München bekleidete. Verschiedene von Carl Theodor mitfinanzierte Reisen hatten Cannabich u. a. 1752/53 und 1754 nach Italien geführt, wo er seine kompositorischen Studien bei niccolò Jommelli und später vermutlich bei Giovanni Battista Sammartini fortsetzte. Den Schwerpunkt seines musikalischen Œuvres bilden über 40 Ballette und mehr als 70 Sinfonien. Die Sinfonie nr. 67 in G-Dur für Flöte, 2 Oboen, 2 Hörner und Streicher zählt zur Gruppe der

11 W. A. mozArt – mIssA & VEsPErAE WolFGANG AmADEUs mozArt (1756–1791) Missa in C – große Credomesse KV 257 Kyrie Gloria Credo Sanctus/ Benedictus Agnus Dei JohANN chrIstIAN cANNABIch (1731–1798) Sinfonie nr. 67 g-Dur Allegro Andante Allegro molto PAuSE WolFGANG AmADEUs mozArt Vesperae solennes de confessore KV 339 Dixit Dominus (Psalm 110) Confitebor (Psalm 111) Beatus vir (Psalm 112) Laudate Pueri Dominum (Psalm 113) Laudate Dominum (Psalm 117) Magnificat (Lk 1, 46-55) Dieses Konzert wird in Verbindung mit dem Verein „Freunde des Regensburger Domchors e. V.“ durchgeführt. Die Regensburger Domspatzen werden von der LIGA-Bank eG unterstützt. Dieses Konzert findet auch schon am Donnerstag, dem 2. Juni 2022, um 20.00 Uhr in der Dreieinigkeitskirche (Veranstalter: Regensburger Domspatzen) statt. Karten hierfür erhältlich bei: Regensburger Domspatzen, Tel. 0941/7962-0, www.domspatzen.de Wir danken Andreas Meixner für die freundliche Bereitstellung der Truhenorgel. Konzertdauer: ca. 80 Minuten plus Pause ProGrAmm hoFkAPEllE müNchEN rüdiger lotter Konzertmeister Isabella Bison, laura corolla, Emily Deans, Angelika Fichter Violine I Dmitry lepekhov, Verena Eggensberger, Julia Glocke, Dora Alexiadou*, Veronika stross* Violine II Pavel serbin, Felix stross Violoncello Eva Euwe Violone olga Watts Orgel marcello Gatti Traversflöte claire sirjacobs, ludovic Achour Oboe karin Gemeinhardt Fagott stephan katte, Achim schmid-Egger Horn christian Gruber, stefan Ennemoser Trompete christian miglioranza Pauken *Viola in der Cannabich-Sinfonie AUsFührENDE 18 in München zwischen 1778 und 1794 entstandenen Werke dieser gattung. Mit ihrer dreisätzigenAnlage in der üblichen Folge schnell – langsam – schnell entspricht sie eher dem älteren, aus der Opernsinfonia entwickelten Typus der Konzertsinfonie. Auf einen Allegro-Sonatensatz in der Tonika g-Dur, in dem die üblichen Wiederholungszeichen am Ende des ersten Abschnitts fehlen, folgt ein langsameres Andante con moto in CDur mit einem mehrfach auf gleicher Tonstufe wiederkehrenden Hauptthema sowie ein nach g-Dur zurückkehrender sonatensatzartiger PrestoSatz. Imgegensatz zu den etwa zeitgleich entstandenen Sinfonien Haydns und Mozarts ist für Cannabichs Sinfonien weniger die motivisch-thematische Arbeit von Bedeutung als vielmehr die Hervorhebung dynamischer und klanglicher Kontraste und die differenzierte Behandlung der Bläser, die wie hier beispielsweise im Kopfsatz die Vorstellung des Themas des Seitensatzes übernehmen. In diesen Kopfsatz hat Cannabich an zwei Stellen das berühmte Mannheimer Orchestercrescendo eingebaut, das zur Befestigung tonaler Stationen in der Mitte und am Ende des Satzes dient. Der Crescendo-Effekt wird dabei zunächst durch das allmähliche Anwachsen der Stimmenzahl von der Einstimmigkeit bis zur Vierstimmigkeit des Streichersatzes erzielt, an die sich ein „echtes“ Crescendo mit Beteiligung der Bläser bis zum Forte anschließt. Autorin: Bettina Berlinghoff-Eichler Lektorat: Christina & Hannsjörg Bergmann TAgE AlTER MuSIK REgEnSBuRg Konzert 1 PrEssE-AlmANAch Der PrEssE-AlmANAch zum Festival 2021 mit zahlrieichen Farbfotos und Rezensionen ist erschienen. Zum Preis von 4,- Euro ist er ebenso wie die Presse-Almanache von 1984 bis 2019 erhältlich im Informationszentrum im historischen Salzstadel neben der Steinernen Brücke. NEU

12 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 2 Les Meslanges (Frankreich) thomas Van essen Bass & künstlerische Leitung Volny Hostiou Serpent & künstlerische Leitung Freitag, 3. Juni 2022, 22.45 Uhr Schottenkirche St. Jakob Jakobstraße 3 Missa & te Deum für Ludwig XIII. (1601–1643) Les Meslanges Foto: Les Meslanges Les Meslanges wurde von Thomas Van Essen gegründet und vereint Vokalsolisten und passionierte Instrumentalisten mit einer musikalischen Diversität, wie sie die Alte Musik bietet. Die Basis des musikalischen Schaffens ist es aber immer, die Musik in ihren historischen Kontext von Kunst und Literatur einzubinden. Das ensemble tritt regelmäßig in Frankreich, vor allem in der normandie, bei Konzerten und Festivals auf. 2017 und 2018 folgten innereuropäische Festivals in Deutschland, Schottland und den niederlanden zum 350. Jubiläum von François Couperin mit dem Programm „Pour les Festes Solemnelles“ zusammen mit dem Organisten Jean-Luc Ho. Das ensemble hat zwei CDs mit Werken von Jean Titelouze (Label Paraty) und eine CD mit Musik aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (Label Psalmus) veröffentlicht, die von der Fachpresse hochgelobt wurden. Les Meslanges wird vom Ministerium für Kultur der normandie, von der Region normandie und der Stadt Rouen unterstützt. es ist Mitglied bei FeVIS (der Föderation für spezialisierte Vokal- und Instrumentalensembles) und diversen anderen Organisationen. thomas Van essen, musikalischer Leiter des ensembles, ist Forscher, Flötist und Bariton. Seine große Leidenschaft ist die Alte Musik. er studierte zunächst Geschichte und Musikwissenschaften in Rouen. An der Sorbonne in Paris erwarb er den Master, verfasste Artikel über die Instrumentalmusik von Marc-Antoine Charpentier, studierte Blockflöte bei Hugo Reyne und Sébastien Marq. 1998 erhielt er die Lehrbefähigung für Alte Musik am Musikkonservatorium von Paris. Von Jean-Louis Paya, Howard Crook und Margreet Honig in Gesang ausgebildet, wirkte er als Solist in zahlreichen ensembles wie Huelgas ensemble, Les Musiciens du Louvre, La Fenice oder Akadêmia mit und trat unter der Leitung von Barthold Kuijken auf. Mit Parlement de Musique sang er auf mehreren Festivals als Solist das Te Deum von Charpentier und Motetten von Lalande. Zuletzt gab er in der Oper Le destin du nouveau siècle von André Campra die Rolle des Thomas Van Essen, Gesang & Leitung Foto: J. Lescene

13 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 2 Volcan. Seit einigen Jahren leitet Thomas Van Essen verschiedene ensembles in Dieppe und Caen. Als musikalischer Leiter und Mitwirkender mit Gesang und Begleitinstrumenten im ensemble Les Meslanges gestaltet er deren Programm vor allem mit Musik von Jean Titelouze, Le Camus und Charpentier. Die Kritik bezeichnet die Stimme von Thomas van essen als „warm und geschmeidig, die uns verführt und die Texte atmen lässt…, seine barocke Ausdruckskraft verleiht den Worten Transparenz und den Hauch von Seufzern.” (ResMusica.com-Monique Parmentier). Volny Hostiou ist Träger des ersten Preises für Saxhorn an der Musikhochschule von Paris und lehrt Tuba und Serpent am Konservatorium von Rouen, wo er auch ensembles für Blechblasinstrumente und für Kammermusik im Bereich Alte Musik leitet. er lernte Serpent bei Michel Godard in Paris, bevor er seine Studien für Serpent und Zink bei Jean Tubery weiterführte. In dem Bestreben, sich im Serpentspiel weiterzuentwickeln, studierte er Instrumentenlehre und Musikwissenschaft an der Sorbonne in Paris, die er mit einem examen in Musikwissenschaft mit Lehrbefähigung abschloss. er publizierte zahlreiche Werke über das Serpent und den Gebrauch von Instrumenten in der Kirchenmusik in Frankreich. Zudem tritt er regelmäßig in verschiedenen ensembles für Alte Musik auf (u. a. La Fenice, Sagittarius, Le Centre de musique Baroque de Versailles...) und betreibt zahlreiche Projekte, Konzert- und Vortragsreihen in Zusammenarbeit mit dem Museum für Musik in Paris. zum Programm: ende november 2016 entdeckte der Musikwissenschaftler Laurent Guillo in der Bibliothèque de Fels am Institut Catholique de Paris eine Sammlung von 26 Musikstücken aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Darunter befanden sich vier Messvertonungen von Jehan Titelouze (1563–1633), der vom ende des 16. Jahrhunderts bis zu seinem Tod Organist an der Kathedrale von Rouen war und als Begründer der französischen Orgelschule gilt. Der Fund dieser 1626 im Druck erschienenen Messen erweitert das Repertoire geistlicher Musik am Übergang von der Renaissance zur Barockzeit beträchtlich. Zwei davon sind vierstimmig verfasst (die Missa In Ecclesia und die Missa Votiva) und zwei sechsstimmig (die Missa Simplici und die Missa Cantate). Das ensemble Les Meslanges hat unter der Leitung von Thomas Van essen und Volny Hostiou damit begonnen, sie in Fortführung seiner früheren, von der Öffentlichkeit und Kritik vielbeachteten Programme, auf zwei CDs „wiederzubeleben“ (vgl. die Diskographie im Programmheft). Jehan titelouze ist imwesentlichen als Organist und Komponist bekannt, der beinahe seine gesamte Schaffenszeit in Rouen verbracht hat. nach dem Studium in Saint-Omer (damals eine Stadt in den Spanischen niederlanden) wurde er Priester und ließ sich in Rouen nieder, wo er 1588 Organist der Kathedrale wurde. 1604 wurde er eingebürgert und 1610 Domherr. Als entwickler einer Orgel von überragender Bedeutung, die er 1601 nach eigenen Wünschen hatte bauen lassen, trug er maßgeblich zur einführung eines neuen Orgeltypus mit zwei Manualen und großem Pedal in der normandie, der Ile-de France, in der Picardie und im Poitou von Saint-Quentin bis Amiens oder Poitiers bei. Basierend auf dem flämischen Archetyp der Renaissance, erfuhr jener neue Orgeltypus bereits in den Anfängen der klassisch-französischen Ästhetik eine Weiterentwicklung, die ihm denAusdruck der „Harmonie, das Überkreuzen der Stimmen und tausend andere Arten musikalischer Figuren“ ermöglichten. Von diesem Meister der Theorie und Praxis kannte man bisher nur zwei Werksammlungen, die beide in Paris veröffentlicht wurden: Hymnes de l´ église pour toucher sur l´orgue, avec les fugues et recherches sur leur plainchant (Geistliche Hymnen für Orgel mit Fugen und Untersuchungen über den gregorianischen Gesang), erschienen 1623, und Le Magnificat ou cantique de la Vierge pour toucher sur l´orgue sur les huit tons de L´Église (Magnificat oder Marienlieder für Orgel in den acht Kirchentonarten), erschienen 1626: Werke, die dank ihrer spezifischen Qualität und ihrer einmaligkeit das Fundament der französischen Orgelschule bilden. Bis 1660 sollte nichts Gleichwertiges mehr publiziert werden. Titelouze verwendet darin Fugenmotive mit ruhigen Generalbasslinien und eine modale Textur, über denen sich eine blühende Polyphonie entfaltet. Diese Struktur ist bestens geeignet für wechselnde Temperierung und ein kraftvolles Spiel und lässt ein sich seiner selbst sicheres Kompositionstalent erkennen. Die zwei Orgelbücher von Titelouze stellen eine bedeutende Leistung dar, vergleichbar mit denen seiner Zeitgenossen, die im selben Zeitraum veröffentlichten. neben Scheidt (Hamburg, 1624), Correa de Arauxo (Alcalá, 1626) und Frescobaldi (Rom, 1624–1628) trug der Organist der Kathedrale von Rouen zu einer außerordentlichen Blüte bei. Mit Titelouze hatte die Polyphonie ihren Höhepunkt erreicht und stellt gewissermaßen eine Synthese aus französischem und flämischem Kontrapunkt dar. Aber Titelouze war auch mit der ausdrucksvollen Musik der Barockzeit vertraut. So schrieb er 1623 im Vorwort zu seinen Hymnen: „Wie ein Maler in seinen Gemälden Schatten einsetzt, um das Strahlen des Lichts zu unterstreichen, mischen auch wir Dissonanzen zwischen die Konsonanzen […], um deren Süßigkeit hervorzuheben.“ Die Missa Cantate Die Missa Cantatekönnte, soweit wir bei unseren Recherchen herausgefunden haben, auf dem Beginn von Psalm 95 Cantate Domino, alleluia zur Kommunion am fünften Sonntag nach Ostern basieren. Tatsächlich haben wir beim zweiten Kyrie eine leichte Ähnlichkeit mit diesem gregorianischen Choral gefunden. Das Gelübde von Ludwig XIII. (1601–43) König von Frankreich und Navarra, 1638, Philippe de Champaigne (1602–1674) Volny Hostiou, Serpent & Leitung Foto: J. Lescene

14 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 2

15 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 2 Wie seine Zeitgenossen in ihren Messen, darunter Henry Frémart (†1651), Leiter des Knabenchors der Kathedrale von Rouen und Kollege von Titelouze von 1611 bis 1625, legte auch Titelouze bei seinen Kompositionen Wert auf die musikästhetischen Grundsätze der Gegenreformation. Da sein Stil aus dem franko-flämischen Kontrapunkt hervorgegangen ist, sind die Imitationen kurz und die Überlagerung der Stimmen behindert in keiner Weise das Verständnis durch eine silbengebundene notation: so sehr achtet Titelouze auf die Klarheit des Vortrags und die Kontinuität des Textes. Die Worte werden selten wiederholt und die freien Imitationen so kurz komponiert, dass sie den Gottesdienst nicht in die Länge ziehen und ein beständiges Fließen erlauben. Aber Titelouze überhöht diese Charakteristika: neben den Zwängen, die der Kultus auferlegt, „sind [diese Messen] die Illustration eines neuen Kunstgeschmacks durch den einfluss der Humanisten, der – was Betonung und Textverständnis angeht – vor allem von Gioseffo Zarlino vertreten wurde“.1 So entspricht das Zeichen C für den 4/4-Takt einem geschmeidigen, anpassungsfähigen Tempo, wie es bei der Missa Cantate der Fall ist. Andere, besonders charakteristische Passagen sind im 3/4-Takt, um die Feierlichkeit des Textes hervorzuheben. Geprägt durch ein eindrucksvolles Verhältnis zwischen Text und Musik, durchdringt diese Messe in der Tat ein neuer Stil, dessen rhetorische Wirkung nicht zuletzt in der gezielten Bindung von musikalischen Motiven an besondere Textpassagen entfaltung findet. So ist etwa im Credo die Passage, die die erwartung an die Auferstehung von den Toten beschreibt – et expecto ressurrectionem –, durch eine Generalpause markiert, mit der in atemloser Stille diese Hoffnung illustriert wird. Auch homophone – et incarnatus est – oder vierstimmige Passagen – Christe, Benedictus – betonen die eindringlichkeit der Botschaft. Titelouze ist der einzige französische Organist dieser epoche, der für Chöre komponiert hat. Da er aber Organist ist, macht sich der einfluss dieses Instruments in vielen Passagen bemerkbar. So z. B. im Sanctus der Missa Cantate, wenn die abwärtslaufende dorische Tonleiter in den Bass (D) mit einem langen Wert den Gebrauch des Pedals erfordert; an anderen Stellen finden sich auch langanhaltende Werte auf der modalen Dominante oder dem Schlusston. Die „meslanges“ (Mischung) der Stimmen und der Instrumente Wie es in dieser Zeit üblich war, wurden auch die Messen von Titelouze als Chorbücher herausgegeben: die Chorstimmen sind vis à vis auf den jeweils gegenüberliegenden Seiten gedruckt; das Fehlen der Instrumentalnotation und des Generalbasses erweckt den eindruck, dass sie für a cappella-Chöre bestimmt sind. Die Partituren selbst legen aber nichts dergleichen explizit fest.2 Der Komponist oder der musikalische Direktor arrangierte und verteilte die Stimmen und die Instrumentierung je nach den Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung standen. Die Partitur, die wir verwenden, könnte ein „Anreiz sein, eine ziemlich beeindruckende Aufführung zu wagen“, wie es ende des 17. Jahrhunderts der Komponist Léonard Gontier formulierte. Wir haben uns entschlossen, Instrumente mit den Singstimmen colla parte („Verdoppelung“) einzusetzen: den Zink imCantus, das Serpent im Bassus, da beide Instrumente im 17. Jahrhundert in den Kathedralen im Gebrauch waren. In Rouen findet man ihre Spuren in den Hauptregistern der Orgel und in den Kontobüchern der Kathedrale. Dazu kommen erzposaunen, die die Mittelstimmen verdoppeln. In den Kirchenbüchern von Rouen findet man am 1. Januar 1624 folgende notiz: „M. Le Pigny, Kanonikus, stellt der Gemeinde eine erzposaune vor, die er aus Reims mitgebracht hat für den Gebrauch in der Kirche.“ Mit den Singstimmen setzen wir weder Orgel noch basso continuo ein. Obwohl diese Praxis in der damaligen Zeit in Frankreich vorkam, tritt ein basso continuo erst später, etwa in den Drucken der Pathodia sacra et profana von Huygens (1647) und der Cantica Sacra von Henry Du Mont (1652) auf. es ist auch ziemlich unwahrscheinlich, dass die Missa Cantate mit basso continuo gespielt wurde: Der kontrapunktische Stil hebt die Unabhängigkeit der Singstimmen hervor und wird durch Instrumente, die sie verdoppeln, stärker betont als durch eine eigenständige instrumentale „Begleitung“. Selbst innovative Komponisten wie Charles d´Ambleville oder nicolas Formé, die zwischen 1636 und 1638 publizierten, sahen in ihren Werken noch keinen basso continuo vor. …für eine besondere Klangfarbe Folgt man Zarlinos Abhandlung Le Istitutioni Harmoniche (neuauflage 1571), in der er die Kirchentonarten von C ausgehend klassifiziert, so steht die Missa Cantate im elften, äolischen Modus. Titelouze richtete sich wie die meisten französischen Komponisten zu Beginn des 17. Jahrhunderts nach diesem nummerierungsschema, wenn sie sich nicht explizit auf die acht Kirchentonarten bezogen. Die Missa Cantate hat, auf dtransponiert, ihren eigenen, charakteristischen Stil, den wir mit unserer entscheidung über Stimmfarben und passende Instrumentierung unterstreichen wollten. Sie ist für sechs Stimmen geschrieben mit Chiavette, d. h. für hohe Singstimmen. Wir haben uns dafür entschieden, die Höhe beizubehalten und nicht zu transponieren, was zu der damaligen Zeit möglich gewesen wäre. Damit wollten wir den strahlenden Klang wahren, der unter anderem durch den einsatz von zwei Sopranstimmen hervorgerufen wird – dem Cantus und der Sexta vox –, deren Melodieführung sich überschneidet. Die colla parte-Praxis (jede Singstimme wird von einem Instrument verdoppelt) mit zwei Zinken, drei Posaunen und einem Serpent unterstreicht diese strahlende Polyphonie. Man kann zweifellos behaupten, dass TiteLudwig XIII., Philippe de Champaigne (1602–1674) 1 Vorwort von Jean-Yves Haymoz zur Ausgabe der Messen von Titelouze (Titelouze (Titelouze (La Sinfonie d´Orphée, Collection L´atelier des maîtrises) 2 In dieser Frage zu a cappella-Messen nehmen wir Bezug auf die Arbeiten von Denise Launay, Jean-Charles Léon und die Wissenschaftler des Centre de Musqiue Baroque de Versailles

louze, indem er vier Messen mit unterschiedlicher Färbung geschrieben hat, daran gedacht hat, wann und wie man sie einsetzen könnte. Schließlich haben wir uns sogar in die Komponistenwerkstatt von Titelouze gewagt, indem wir in der Missa Cantate beim Agnus Dei, das normalerweise dreimal wiederholt wird, aus demMittelteil vier Teile gemacht haben, um die Verschlingungen und gegenseitige ergänzung der einzelnen Stimmen zu zeigen. Anmerkungen zu den übrigen Komponisten und Werken des Programms: André-Danican Philidor gehörte wie Couperin zu einer Dynastie von Musikern im Dienste König Ludwigs XIV. André-Danican Philidor der Ältere war Musiker der drei wichtigsten Institutionen des höfischen Lebens: des Großen Königlichen Marstalls, der Kapelle und der Kammer, aber er verwaltete auch die Musikbibliothek des Königs. Folglich wurde auch durch ihn oder unter seiner Leitung das höfische Musikrepertoire kopiert. Von den 60 Bänden, die sein Atelier kopierte, sind uns 38 erhalten geblieben. Darin findet sich die Musik seiner epoche (Lully, La Lande usw.), aber auch die der „Alten“ aus der Regierungszeit Heinrichs IV. oder Ludwigs XIII. wie die Pavane, die zur Hochzeit des jungen Ludwig XIII. mit Anna von Österreich gespielt wurde. Da eustache Du Caurroy 1609 starb, also ein Jahr vor der Thronbesteigung Ludwigs XIII. ist dieser Musiker, der im Dienst der drei aufeinanderfolgenden Könige Karl IX., Heinrich III. und Heinrich IV. stand, hier genau am richtigen Platz. Tatsächlich versichert der Theoretiker Marin Mersenne, Verfasser von L´Harmonie universelle (1636), dass „alle Komponisten Frankreichs ihn als ihren Meister sehen“. ein großer Teil seiner Werke, die postum im Jahr seines Todes veröffentlicht wurden, rechtfertigen seine Präsenz in diesem Programm. Wenn Du Caurroy vor allem wegen seiner Missa pro defunctis bekannt geworden ist, die in der Folgezeit bei königlichen Bestattungen gespielt wurde, hinterlässt er uns doch auch andere Werke wie z. B. vier Te Deum-Vertonungen. Heinrich III. bestellte für einen seiner Siege 1587 ein Te Deum und seitdem wurde diese Hymne gewählt, um demAllmächtigen, dem Gott der Armeen, zu danken, umso mehr, da dieser Text es erlaubt, die göttliche natur des Königs zu überhöhen. Das sechsstimmige Te Deum, das wir spielen, ist das überzeugendste und findet sich am ende des ersten Buchs der Preces Ecclesiasticae (1609). Der gregorianische Gesang ist die tragende Säule dieses responsorialen Werkes: die einzige Solostimme alterniert mit der Polyphonie, die ihrerseits im Großen und Ganzen nicht die Stimmlage des Tenors verlässt. es war in Paris, wo Charles Guillet aus Brügge (†1654) seine 24 Fantasies publizierte, in denen er seine Beherrschung des Kontrapunkts zeigte. Vierteilig als Instrumentalmusik oder für Orgel arrangiert, wurden sie von eustache du Caurroy sehr geschätzt. Guillaume bouzignac (im Languedoc um 1587 - vermutlich in ClermontFerrand nach 1643) hinterließ seine Partituren ausschließlich als Manuskripte und genoss nicht die Gunst der Musikdrucker. nach seiner Ausbildung an der Singschule von narbonne wurde er Vikar. Je nachdem, welche Stelle er gerade annahm, reiste er als Sänger oder Musikmeister in Frankreich umher. Die Motette Cantate Domino ist eigentlich eher ein Dialog über die eroberung Von La Rochelle durch Ludwig XIII. im Jahr 1628, auch wenn Richelieu in ihr die Hauptfigur ist. Der Wechsel zwischen den Sängergruppen in einem Frage- und Antwortspiel ist das Hauptcharakteristikum dieses Gelegenheitswerks. Andere atmosphärische Stimmungen zeigen die sehr meditative Motette In pace in idipsum und das stark italienisierende O mors ego mors tua. Zu Beginn des Jahres 1627 wurde Étienne Moulinié (Laure Minervois 1599–?1676) unter anderemMusikdirektor unter dem ungestümen Gaston d´Orléans, dem Bruder des Königs. Seine Motette Fulcite me floribus, in der die Stimmen einen Dialog führen, ist Teil der Marienverehrung, die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine Blüte erlebte. König Ludwig XIII. hatte nämlich in einem Gelübde Frankreich als Dank für die Geburt des Thronfolgers, des künftigen Ludwig XIV., unter den Schutz der Jungfrau Maria gestellt. In dieser epoche setzte man auch das Domine salvum fac regem (Herr, beschütze den König) systematisch an das ende aller Gottesdienste. Die Komponisten unter der Herrschaft König Ludwigs XIII. hatten hier ihre Hausaufgaben zu machen, indem sie ihre eigene Version schrieben. Diejenige, die uns erhalten geblieben ist, ist keine andere als das Werk von Antoine boesset (Blois 1587 – Paris 1643), des „Oberintendanten der Kammermusik des Königs“. Autor: Thomas Van Essen Übersetzung und Lektorat: Christina & Hannsjörg Bergmann, Angelina Sowa 16 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 2 CD: Les Meslanges – Les Messes retrouvées de Jehan Titelouze Vol. 1 CD: Les Meslanges – Les Messes retrouvées de Jehan Titelouze Vol. 2 Die Belagerung von La Rochelle durch Truppen des französischen Königs Ludwig XIII. begann am 4. August 1627 und endete am 28. Oktober 1628 mit der Kapitulation, Anonym 17. Jahrhundert

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