Tage Alter Musik – Programmheft 2022

sche Collage wurde zu Händels Lebzeiten äußerst populär und konnte flexibel an die Aufführungsbedingungen angepasst werden: standen einmal keine italienischsprachigen Sängerinnen und Sänger zur Verfügung, wurden einfach nur die englischen Teile gesungen. ein pastorales Idyll – die Verschmelzung von Mensch und natur Auch wenn der Begriff „Pastoral“ zunächst aus Verlegenheit benutzt wurde, ist Acis and Galatea dank Instrumentierung, Szenerie und Handlung durch und durch ein pastorales Werk. nach der instrumentalen Sinfonia entführt ein Chor aus Hirten und nymphen das Publikum in eine unbeschwerte Welt, in der sich die natur in einem paradiesischen Zustand befindet. Hier lebt man „harmless, merry, free and gay“. Währenddessen haben sich Acis und Galatea in ihren jeweiligen Liebeskummer zurückgezogen. Trübsinnig nehmen sie die lebendige natur als Kontrast zu ihrer eigenen Stimmung wahr. In Hush, ye pretty warbling quire! versucht Galatea gar das sprudelnde Orchester und besonders die zwitschernde Piccoloflöte zum Schweigen zu bringen. Von Sehnsucht verzehrt finden Galatea und Acis schließlich zueinander und besingen in Happy we! ihre Glückseligkeit. Das Glück hält jedoch nur kurz, denn schon warnt der Chor unheilvoll und eindringlich vor der Ankunft des Monsters Polyphemus: „the mountain nods, the forest shakes, the waves run frighten’d to the shores“. Polyphemus steigt vom Berg herab, seine gewaltige Gestalt wird jedoch durch die zierlichen Blockflöten in O ruddier than the cherry ironisch gebrochen. er versucht Galatea seine Liebe zu erklären, diese stößt ihn jedoch schnell und endgültig zurück: „Go, monster! bid some other guest: I loathe the host, I loathe the feast“. Der Dialog bekam von Händel nicht einmal ein Duett, sondern lediglich ein Rezitativ; es gibt kein Potenzial für eine emotionale entwicklung zwischen den beiden. Als Acis von denAvancen des Polyphemus erfährt, überkommt ihn in Love sounds th‘alarm zu seinem eigenen Schaden die eifersucht. In einem Terzett kommt das Liebesdreieck schließlich zusammen, wobei musikalisch gesehenAcis und Galatea ein Duett singen, in dem Polyphemus ein Störelement darstellt. Am ende des Aufeinandertreffens erschlägt der Riese den Hirten mit einem Stein. Der Chor beklagt daraufhinAcis‘ Tod in einem schlichten, homophonen Satz mit a cappella-Ausklang. Auch Galatea versinkt in Trauer um ihren Geliebten, wird aber vom Chor an ihre göttlichen Kräfte erinnert. Sie verwandelt Acis in eine Quelle, aus der ein Bach entsteht, und lässt damit die im Stück ohnehin unscharfen Grenzen zwischen Mensch und natur gänzlich verschwimmen. In den Streichern und Koloraturen des Abschlusschors murmelt der neu geschaffene fiume Aci unablässig fort. Autorin: Franziska Weigert, UR Lektorat: Christina & Hannsjörg Bergmann 82 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 16 Luca Giordano (1634-1705), Acis et Galatée (um 1685)

RkJQdWJsaXNoZXIy OTM2NTI=