Tage Alter Musik – Programmheft 2024

Tage alTer Musik regensburg Mai 2024 nalen skulpturenmuseum in Valladolid. Die gründung einer kapelle an einem so prestigeträchtigen Ort neben jener der Familie butrón, einer anderen Patrizierfamilie in Valladolid, mit der die Dazas durch Heirat verwandt waren, zeugt von demansehen und der reputation dieser Familie in Valladolid. spätestens seit der Zeit von estebans geburt scheint die Familie ihren reichtum aus investitionen und erbschaften bezogen zu haben und mehr von ihren finanziellen investitionen zu leben als von eigener arbeit. Tomás und Juana Daza ließen sich nicht weit von san benito in der Pfarrei san Miguel nieder, vermutlich in dem Haus neben dem von Franzisco de los Cobos, dem sekretär karls V. und Förderer von luis de narvaéz. Möglicherweise haben sich narvaéz und esteban in dieser Zeit kennengelernt. inzwischen war esteban fünfzehn und hatte dreizehn jüngere geschwister. bei der geburt des siebten kindes war die Familie in ein größeres Haus nahe der universität umgezogen. inés und Francisco, die beiden nächstälteren geschwister, traten in katholische Orden ein, während esteban und gaspar, das vierte kind der Familie, an der universität von Valladolid studierten. als der Vater 1563 sein Testament abfasste, hatte esteban das grundstudium beendet und sein Vater hoffte vergeblich, er werde weitermachen, um das lizenziat zu erwerben. als Tomás 1569 starb, war esteban anfang Dreißig und lebte noch bei der Mutter, ein arrangement, das im leben des Vihuelisten für lange Zeit weiterbestand. er scheint nie geheiratet oder im Familienleben eine aktive rolle übernommen zu haben. Zwischen den Zeilen kann man lesen, dass er das schwarze schaf der Familie gewesen sein muss. sein Todesdatum liegt im Dunkeln, aber offenbar starb er in armut; jedenfalls scheint er einige Jahre bei seinem bruder baltasar alleine gelebt zu haben, bis sich im Dezember 1590 alle seine spuren verlieren. Über estebans musikalische ausbildung ist nichts bekannt, aber alles deutet darauf hin, dass er autodidakt war und durch das studium von Vokalwerken den kontrapunkt erlernte, aus den notenbüchern anderer Vihuelisten ideen übernahm und verfügbare theoretische Handbücher verwendete. Man kann davon ausgehen, dass er seine musikalische reife bereits zu der Zeit erreicht hatte, als sein Vater 1569 starb; wahrscheinlich begann er zu dieser Zeit zu komponieren und die Musik für die Veröffentlichung seines Vihuelabandes einige Jahre später zusammenzustellen. es ist merkwürdig, dass in den zahlreichen historischen Dokumenten, die sich auf die Familie Daza beziehen, keinerlei Hinweise auf die musikalischen interessen und Fähigkeiten estebans zu finden sind. es gibt im gegenteil versteckte anzeichen dafür, dass nicht alle Familienmitglieder seine musikalischen ambitionen billigten. nach dem Tod seines Vaters wurde dessen bruder gaspar von rechts wegen Vormund Donna Juanas und ihrer kinder. aus den zahlreichen Willenserklärungen und Verfügungen dieser Periode kann man gaspards zunehmend widersprüchliche Haltung esteban gegenüber, vielleicht wegen seiner musikalischen ambitionen, erahnen. Zu der Zeit, als esteban El Parnasso vorbereitete, ging gaspard so weit, ihm im Jahr 1574 alle erbansprüche zu entziehen. allerdings setzte er ihn nach der Veröffentlichung des Vihuelabands wieder in seine rechte ein, wohl weil er jetzt davon überzeugt war, dass es sich um ein ehrbares und angemessenes unterfangen handelte. esteban war etwa achtunddreißig, als El Parnasso 1576 in Valladolid publiziert wurde. Den gesetzlichen auflagen entsprechend sandte esteban das Manuskript den beratern Philipps ii. zur Überprüfung zu und erhielt die königliche erlaubnis zum Druck. Dies allein kann schon als indiz dafür gewertet werden, dass die Musik als verdienstvoll und einer Publikation wert erachtet wurde. bald darauf schloss esteban einen Vertrag mit dem Drucker Diego Fernández aus Córdoba über den Druck des bands in einer auflage von 1500 stück. Der Verkauf der gesamten auflage würde dem Vihuelisten einen satten Profit einbringen und schon der Verkauf eines Viertels die gesamten Herstellungskosten decken. ein Vorwort zu dem in drei bände aufgeteilten Werk erklärt Prinzip und anwendung der Tabulatur-notierung, die sich eng an die von narváez anlehnt. Jeder der drei bände ist einem eigenen genre gewidmet. band i enthält einundzwanzig originale Fantasien von Daza, band ii die intavolierung von dreizehn Motetten und band iii ebenfalls in Tabulaturschrift eine anthologie von mehr als zwanzig spanischen weltlichen liedern mit zwei französischen Chansons als abschluss. intavolierung, also das arrangieren von polyphoner Vokalmusik für soloinstrumente, war gängige Praxis unter den Vihuelisten. es war ihre art, aus der besten Musik ihrer Zeit nach gutdünken soloversionen zu zusammenzustellen. Die Tabulaturschreibweise war die vorrangige Methode, mit der die Vihuelisten den stil und die Technik der Polyphonie aufnahmen und dann in ihren eigenen Werken zu original instrumentaler Musik umarbeiteten. Der dritte band von El Parnasso enthält dementsprechend eine sammlung spanischer lieder, bei denen Dazas rolle eher die eines bearbeiters als eines komponisten ist. Die Quellen sind nur für ein Drittel der lieder bekannt, die namen der komponisten etwa für die Hälfte, aber keines der stücke gibt einen Hinweis darauf, dass es ursprünglich für singstimme mit Vihuelabegleitung komponiert wurde. es gibt auch keinen anhalt für die Vermutung, dass Daza sie selbst komponiert hat, denn anspruch auf die autorschaft erhebt er nur für seine fantasias. im gegensatz zu denen, die ihn als autor betrachten, muss man in betracht ziehen, dass sein umfeld ihm wenig anreiz bot, selbst so zu komponieren. außerdem konnten die komponisten einiger in El Parnasso nicht zugeordneter stücke aufgrund von Übereinstimmungen in Manuskripten der vokalen Polyphonie ermittelt werden. Tatsächlich sind diese lieder – abgesehen von minimalen Änderungen – getreue Versionen ihrer polyphonen Vorbilder, die auf solistische Musikinstrumente reduziert und in der für Vihuelas spezifischen Ziffernnotation geschrieben wurden. Daza setzt den Text unter die Tabulatur und kennzeichnet die singstimme; in fast allen liedern ist es der sopran. Diese arrangements konnten entweder als instrumentalsolo oder als sololied mit begleitung vorgetragen werden. in dieser Hinsicht unterscheiden sie sich von den liedern der anderen Vihuelisten, insbesondere von luis Milán und alonso Mudarra, die ausdrücklich für Vihuela mit singstimme komponierten. Die weltliche anthologie von Dazas drittem band beginnt mit der polyphonen Romanze Enfermo estaba Antioco als einzigem beispiel für dieses genre. Das im traditionellen stil abgefasste gedicht erzählt von der liebe des Prinzen von syrien zu seiner stiefmutter, seiner liebeskrankheit und der klugen Diagnose, die der leibarzt des königs stellt. Hierauf folgt eine reihe von villanescas, dem spanischen gegenstück zum italienischen Madrigal, in dem stil, der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts in Mode war. Der band enthält auch einige Vertonungen von gedichten der berühmtesten spanischen Dichter dieser Zeit wie garcilaso de la Vegas Cuán bienaventurado, hier in der Fassung von rodrigo Ceballos. Die bekannten komponisten dieser villanescas waren hauptsächlich kirchenmusiker und wirkten in einigen der bedeutendsten kathedralen spaniens. Dazu gehören neben Caballos auch Francisco guerrero, Pedro Ordóňez 104

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