Tage Alter Musik – Programmheft 2024

Tage alTer Musik regensburg konzert 14 und Juan navarro; sie sind alle eher bekannt durch ihre geistlichen Werke als durch ihre Volksliedvertonungen, hauptsächlich deshalb, weil die Quellenlage bei kirchlichen Werken besser ist. nur etwa die Hälfte der Vorlagen für Dazas arrangements ist vollständig in der ursprünglich polyphonen Form erhalten, hauptsächlich im Cancionero Medinaceli. andere, wie die wundervoll leidenschaftliche Fassung von Pedro Ordóňez´ Ay, mudo soy oder das schlicht-pastorale Pues ya las claras fuentes von Ceballos sind nur in der intavolierung von Daza überliefert. Das dritte weltliche genre in El Parnasso ist der villancico. Zehn von ihnen sind unikate und alle vermutlich arrangements von Vokalpolyphonie. Tatsächlich ist die autorschaft in dieser gruppe sogar noch unklarer. nur Que razón podeys vos tener wird Juan navarro zugeschrieben, alle anderen sind anonym. andere polyphone Vertonungen sind von ¿Quién te hizo, Juan pastor? und von Zagaleja de lo verde erhalten geblieben, aber sie haben keinen bezug zu Dazas Version. gemeinsamkeiten mit einem unvollständigen Manuskript im Museo lázaro galdiano in Madrid lassen sich nur bei Gritos dava la morenica feststellen. all diese villancicos bewahren die typische struktur, wie sie während der gesamten renaissancezeit in Mode war: mit zwei getrennten Musikteilen, die dem estribillo (refrain) und den coplas (strophen) des gedichts entsprechen. im charakteristischen vornehm-ländlichen stil enthält die sammlung von villancicos lieder mit traditionell ländlichen Themen wie Serranda dónde dormistes und Zagaleja de lo verde. andere rufen die erinnerung an die Welt der Mauren und die reconquista wach, am eindrücklichsten Gritos dava la morenica, während in wieder anderen verschiedene stimmungen wie die trostlose Traurigkeit von A tierras ajenas oder das bittersüße bild des besiegten Mannes in ¿Quién te hizo, Juan pastor? geschildert werden. Dazas Originalbeitrag zu el Parnasso sind zweiundzwanzig brillante fantasias, die ihn als großartigen komponisten zeigen. Die enge nähe seiner fantasias zu den anleitungen von Tomás de santa Maria in dessenabhandlung über die Arte de tener fantasia (Valladolid, 1565) lässt vermuten, dass Daza seine kunst auch aus dem studium dieser Monographie erlernt haben könnte. seine fantasias sind beeindruckend in ihrer Präzision und alle anzeichen sprechen dafür, dass sie ursprünglich in notenschrift verfasst und für die Veröffentlichung in die sprache der Tabulaturnotation transkribiert wurden. ihr stil entspricht stark der Vokalpolyphonie und es ist keine Übertreibung, sie als „Motetten ohne Worte“ zu bezeichnen, denn struktur und Prinzipien ihrer komposition richten sich streng nach denen von Motetten und Madrigalen. Die herkömmliche kompositionsmethode für solche Vokalwerke war textbezogen: das gedicht wurde in seine Verse eingeteilt und die Musik für jeden davon nach bedeutung, rhythmus und Tonfall der Worte eingerichtet. Die gesamtstruktur entspricht der summe all dieser abschnitte, die durch den narrativen oder dramatischen inhalt des Textes festgelegt sind. Fantasias wie die von Daza waren ähnlich episodisch aufgebaut, aber ohne dass ein Text vorgab, wie das Material in eine stimmige Form gebracht werden soll. Der Text wurde durch abstraktion ersetzt und so war der komponist gezwungen, das narrative gefüge jedes stücks durch bloße Phantasie zu entwickeln. Dazas fantasias sind typisch für die zweite Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts. sie entfalten sich unter genauester berücksichtigung der Polyphonie bei der imitation der stimmen, während die verbindenden abschnitte sich so gut mit ihnen verzahnen, dass der eindruck einer fortlaufenden erzählung entsteht. Die Dynamik der narrativen ebene wird durch eine äußere gestaltung ausbaTitelseite: Estevan Daça: El Parnasso (1576) – Libro de Musica en cifras para Vihuela, intitulado el Parnasso, en el qual se hallara toda diversidad de Musica, assi Motetes, Sonetos, Villanescas, en lengua Castellama, y otras cosas, como Fantasias del Autor… Aus El Parnasso: Comiença el libro primero, el qual tratade muchas Fantasias de Estevan Daça… 105

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