Tage Alter Musik – Programmheft 2024

violoncellos aufbietet, das den satz eröffnet, in der anschließenden kantilene der solovioline dialogisierend präsent bleibt und mit zwei Takten aus dem einleitungsabschnitt auch für den abschluss des satzes sorgt. einen besser fassbaren entstehungskontext bietet uns das C-Durkonzert rV 179. es erschien 1736 in amsterdam neben Werken anderer komponisten in einer sammlung von solokonzerten. Hinter der Werkverzeichnisnummer rV 179a verbirgt sich darüber hinaus aber eine Variante dieses konzerts, die über einen anderen schlusssatz verfügt und vermutlich jünger ist als jene des amsterdamer Drucks. Von dieser Version des konzerts wissen wir durch ein stimmbuch, das zu 31 Violinkonzerten – die meisten davon von Vivaldi – die solostimmen versammelt, so auch von rV 179a. (Da der neue schlusssatz nur hier belegt ist, wird im konzert von les Ombres eine rekonstruktion des vollständigen stimmensatzes zu hören sein.) Dieses hochwertig hergestellte stimmbuch, eingebunden in Marokkoleder und mit goldprägungen verziert, gehörte der berühmten geigenvirtuosin anna Maria, Findelkind in der Obhut des venezianischen Ospedale della Pietà und anstelle eines nachnamens „dal Violin“ genannt. anna Maria (1695/96–1782) war für den größeren Teil ihres lebens als maestra di coro verantwortlich für die musikalische und disziplinarische leitung des renommierten Waisenhaus-ensembles. bis in die späten 1730er Jahre hinein hatte sie sich allerdings – ohne das Ospedale für konzertreisen oder ähnliches zu verlassen – den ruhm erspielt, die virtuoseste und beste Violinistin ihrer Zeit zu sein, der nur wenige männliche geiger ebenbürtig waren. Diese Zeit fällt grob zusammen mit Vivaldis aktivitäten für das Ospedale, und so ist der nachruhm der anna Maria dal Violin eng verbunden mit seinen Violinkonzerten. in ihrem stimmbuch, das vermutlich zwischen 1723 und 1726 angelegt wurde, sind fast alle konzerte mit dem Zusatz „Concerto per sigra anna Maria“ versehen. Das konzert rV 179a verfolgt einen merklich virtuoseren ansatz als das h-Moll-konzert rV 384 im Programm; die solokadenz, die am ende des schlusssatzes angekündigt wird („segue la Cadenza“), ist allerdings unnotiert geblieben und somit ein gegenstand der Fantasie heutiger und zukünftiger geigenspieler:innen. Die „sinfonia“ rV 111a in C-Dur wäre in der heutigen auslegung von gattungsbegriffen weder eine sinfonie noch ein (solo-)konzert; in der Terminologie des früheren 18. Jahrhunderts konnte sie wohlgemerkt problemlos beides sein. immerhin wird eine Variante des Werkes, die einen anderen Mittelsatz enthält, in einer Wiener Handschrift als „Concerto“ bezeichnet, ohne damit heutigen Vorstellungen von einem solokonzert näher zu kommen. in diesem „konzert“ tritt keine solovioline hervor, es handelt sich vielmehr um Musik für Antonio Vivaldi Titelseite: Leclair: Six concerto CD: Les Ombres/ Théotime Langlois de Swarte – Violin Concertos Tage alTer Musik regensburg Mai 2024 38

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