Tage Alter Musik – Programmheft 2024

Tage alTer Musik regensburg Mai 2024 Die sechs intermedien haben zwar keine fortlaufende dramatische Handlung – das unterscheidet sie eindeutig von der Oper, die nur wenige Jahre später entstehen sollte –, aber sie verbindet durchaus ein gemeinsames Thema, und zwar die Macht und Wirkung der antiken Musik. Das geht bereits aus dem ersten intermedio hervor, in dem – in anlehnung an Platons Politeia – die Harmonie der sphären im Mittelpunkt steht. gleich amanfang, in Dalle più alte sfere (das mal emilio de’ Cavalieri, mal antonio archilei zugeschrieben wird), kommt die personifizierte „armonia“ zu Wort, welche die braut als neue Minerva, den bräutigam als Herkules (alcides) preist. gesungen wurde dieses hochvirtuose lied von Vittoria archilei, die – so lesen wir in de’ rossis obengenannter beschreibung – laute spielend und singend auf einer Wolke herabstieg; auf der bühne waren bilder des antiken rom zu sehen. auch in den nächsten zwei intermedien spielt die Wirkmächtigkeit von Musik eine zentrale rolle. in beiden Fällen hat der Dichter Ottavio rinuccini erzählungen aus Ovids Metamorphosen verwendet. im zweiten intermedio findet etwa ein Wettgesang zwischen den Musen und Pieriden statt; eine gruppe von Waldnymphen erklärt die Musen zu siegerinnen, während die Pieriden in elstern verwandelt werden. Das dritte intermedio verlegt die szenerie in einen dunklen Wald, wo sich ein kampf zwischen apoll und einem feuerspeienden Monster, welches das land der Delphier verwüstet, abspielt. im Vergleich dazu kann das vierte intermedio als steigerung gedeutet werden, denn hier wird das Publikum in das reich der Dämonen versetzt. De’ rossi schildert, wie die bühne von einem dreiköpfigen luzifer dominiert wird – eine klare reminiszenz an das inferno aus Dantes Divina Commedia –, der knaben frisst. eine Zauberin verkündet jedoch, dass nach der Hochzeit der beiden großen seelen („le due grand’alme“) die Hölle niemanden mehr peinigen wird. auch das fünfte intermedio verarbeitet mit der geschichte von arion, der durch seinen wunderbaren gesang von einem Delphin gerettet wird, einen berühmten antiken stoff, wie er bei Herodot und Plutarch beschrieben wird; auf der bühne konnte man amphitrite, die göttin des Meeres, sehen, die aus den Wellen aufsteigt, um das brautpaar zu grüßen. Mit dem sechsten intermedio schließt sich gewissermaßen der kreis, denn hier rufen apoll und bacchus dazu auf, die schönen klänge der himmlischen Harmonie zu genießen und Mühsal und Qual zu vergessen. Dadurch, dass so viele komponisten an dem Projekt beteiligt waren, begegnet den Zuhörern in den intermedien eine recht große stilistische Vielfalt. Hochexpressive, extrem virtuose sololieder wie Dalle più alte sfere (intermedio i) oder Io che dal ciel cader (intermedio iV) erklingen neben echokompositionen (wie Dunque fra torbide onde im fünften intermedio), instrumental begleiteten Madrigalen für drei bis sieben stimmen und mehrchörigen Werken. ein klanglicher Höhepunkt dürfte Malvezzis O fortunato giorno im letzten intermedio gewesen sein, bei der die ganze besetzung auf der bühne war, um in eine siebenchörige Panegyrik auf den großherzog der Toskana einzustimmen. am schluss erklingen mit O che nuovo miracolo Ostinato-Variationen, die unter dem namen Ballo del Gran Duca und Aria di Fiorenza europaweit bekannt wurden und zahllosen komponisten als inspiration dienten. Die intermedien zu La Pellegrina waren sowohl in auditiver als auch in optischer Hinsicht ein besonderes erlebnis, welches das Publikum zum staunen bringen sollte. nicht umsonst wurden sie in zeitgenössischen Dokumenten immer wieder mit „meraviglia“ und „magnificenza“ assoziiert. Doch bei aller bewunderung für die künstleDie Hochzeit von Ferdinando I. de’ Medici und Christine von Lothringen Ferdinando I. de’ Medici Titelblatt von Girolamo Bargaglis Komödie La Pellegrina (Die Pilgerin) anlässlich der Hochzeit des Medici-Fürsten Großherzog Ferdinand I. mit der Prinzessin Christine von Lothringen im Jahr 1589 46

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