Tage Alter Musik – Programmheft 2024

moll kV 491, die beethoven besonders schätzte und mit denen sein konzert bestimmte eigenschaften teilt, als Muster gedient haben könnten. bei der uraufführung imapril 1803 im Theater an der Wien war, wie gewohnt, beethoven der solist. Der umblätterer wird später berichten, dass zum Zeitpunkt der Proben große Teile der klavierstimme leer waren, weil beethoven zu wenig Zeit gehabt hatte: „Beim Vortrage seiner Concert-Sätze lud er mich ein, ihm umzuwenden; aber - hilf Himmel! - das war leichter gesagt als gethan; ich erblickte fast lauter leere Blätter; höchstens auf einer oder der anderen Seite ein paar, nur ihm zum erinnernden Leitfaden dienende, mir rein unverständliche egyptische Hieroglyphen hingekritzelt; denn er spielte beinahe die ganze Prinzipal-Stimme blos aus dem Gedächtniß, da ihm, wie fast gewöhnlich der Fall eintrat, die Zeit zu kurz ward, solche vollständig zu Papiere zu bringen.“ nachdem beethoven der Veröffentlichung seiner ersten beiden konzerte zugestimmt hatte, auch ohne mit ihnen ganz zufrieden zu sein, lagen die Dinge nun offenbar anders: beethoven war mit demDritten klavierkonzert so zufrieden, dass er die Drucklegung verzögerte, um sich das exklusive Privileg vorzubehalten, damit bis 1804 auf der konzertbühne zu glänzen. Hatte er nicht 1801 an seinen Verleger geschrieben: „Es erfordert die musikalische Politik die besten Conzerte eine Zeitlang bei sich zu behalten“? Von diesemWerk an spürt man beethovens emanzipation von Mozarts Modell: er befreit sich von der Verpflichtung, mit einer brillanten Musik zu gefallen, und präsentiert einen neuen konzerttypus, der die traditionellen rollen von solist und Orchester in Frage stellt und die solo/Tutti-Dualität hinter sich lässt. Darüber hinaus erhält die Virtuosität noch mehr gewicht, ohne jedoch vom musikalischen inhalt abzulenken oder die rolle des Orchesters zu schmälern. Der klaviersatz, der das instrument an seine grenzen treibt, zeugt von diesem neuen ansatz, der einige begeisterte kommentatoren zu der Vermutung veranlasste, beethoven komponiere für das klavier der Zukunft. Die Wahl des instruments für das heutige konzert in regensburg spiegelt diese entwicklung wider. Tomasz ritter hat sich für einen Hammerflügel des klavierbauers Paul Mcnulty entschieden: er wählte die kopie eines instruments von Conrad graf aus dem Jahr 1819 mit sechseinhalb Oktaven und einem „una corda“-Pedal. Die robusteren und klangvolleren klaviere von graf waren nunmehr als einzige in der lage, der energie und intensität von beethovens neuen Werken gerecht zu werden. Das 1806 komponierte konzert nr.4 in gDur op. 58 entstand zur selben Zeit wie die vierte symphonie, das Violinkonzert und die „appassionata“-sonate. Von anfang an wartet es mit Überraschungen auf: statt der traditionellen Orchestereinleitung eröffnet allein das klavier das Werk. und das auf sanfte Weise! Zwar hatte auch Mozart schon Ähnliches getan (im „Jenamy”-konzert kV 271), doch hier entsteht eine neue beziehung zwischen solist und Orchester, die nun viel enger zusammenarbeiten. beethovens schüler Carl Czerny bemerkte in einer schrift über den Vortrag von beethovens klavierwerken, es sei „gewiss, dass beethoven sich zu vielen seiner schönsten Werke durch [...] aus der lektüre oder aus der eigenen regen Phantasie geschöpfte Visionen und bilder begeisterte.“ Wenngleich es ohne skizzen und Zeugnisse beethovens schwierig ist, die inspirationsquelle für dieses Werk zu bestimmen, schlug adolph bernhard Marx, ein deutscher Musikwissenschaftler des 19. Jahrhunderts, vor, dass der Mythos von Orpheus, der eurydike durch die schiere kraft seiner Musik den Furien der unterwelt abtrotzte, den zweiten satz (andante con moto) inspiriert habe. im reich der schatten stellt das Orchester zunächst unisono ein düsteres, marschähnliches Thema vor, auf das das klavier schüchtern reagiert: Orpheus Conrad Graf, (1782-1851), der ab 1824 den Titel „k. k. Hofpiano- und Claviermacher“ führte, wurde in Ried - lingen (Württemberg) geboren und kam 1799 als Tischler nach Wien. Dort wurde er Klavierbauer und eröffnete 1804 seine eigene Werkstatt. Schnell wurden seine Instrumente als die „besten und bekanntesten in Wien und im Kaiserreich“ berühmt. Graf lieferte nicht nur Instrumente in alle Räume des kaiserlichen Hofes, sondern fertigte 1825 auch ein Hammerklavier für Ludwig van Beethoven. Chopin, Robert und Clara Schumann, Liszt und Mendelssohn schätzten die Klaviere Grafs. Tage alTer Musik regensburg konzert 11 Tomasz Ritter spielt im Konzert auf einem Hammerflügel-Nachbau von Paul McNulty des Graf-Opus 318 aus dem Jahre 1819 aus dem Schloß Kozel bei Pilsen 85

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