Tage Alter Musik – Programmheft 2005

Das EnsembleCapriccio Stravagantewurde 1986 von dem amerikanischen CembalistenSkip Sempégegründet und besteht in mehreren Formationen von 3 bis 30 Ausführenden mit dem Schwerpunkt Renaissance und Barockmusik. Die Musiker kommen aus ganz Europa, Amerika und Kanada und sind allesamt ausgewiesene Spezialisten historischer Aufführungspraxis, die die Freiheit des individuellen und des kollektiven Musizierens vereint. Charakteristisch ist ein kraftvoller, lebendiger, prächtiger und differenzierter Klang. Für Skip Sempé geht es dabei in erster Linie um die Frage, ob die Ausführung ausdrucksvoll gelingt oder nicht, was zugegebenermaßen immer eher eine Frage des Geschmacks, denn der historischen Tatsachen ist. Denn gerade im Bereich der Renaissance-Musik sind die Musiker - wie schon ihre Kollegen vor 500 Jahren - auf Kreativität und Improvisation angewiesen. Zum Programm: „Capriccio Stravagantissima“ - „Das völlig verrückte Venedig“- so lautet das Motto des heutigen Konzertabends mit dem Capriccio Stravagante Renaissance Orchestra . Die im Zeitraum zwischen 1550 und 1630 entstandenen, üppig und klangprächtig in Szene gesetzten Balli, Canzonen und Madrigale repräsentieren jene atemberaubend strahlkräftige, luxuriöse und sinnliche Klangpracht, die zum Selbstverständnis des venezianischen Lebensgefühls gehört. „Die Partitur“, so Skip Sempé, der Cembalist und Leiter, „ist das Werk des Komponisten, die Aufführung das Werk des Interpreten“. So steht in den Drucken oft die Überschrift: „per ogni sorte di strumenti“, für alle Arten von Instrumenten. Da gibt es jedoch ganz unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten, und jedes Instrument, das ausgewählt wird, erfordert wiederum eine spezifische Behandlung. So ist RenaissanceMusik oft zuallererst einmal eine Frage des Arrangements, wobei auch vokale Musik instrumental aufgeführt wird. Und auch wenn die Musik auf dem Papier relativ einfach aussieht, müssen doch viele musikalische Entscheidungen getroffen werden. Diese sind weder intellektueller noch historischer oder musikologischer Art, so Sempé, sondern stehen ausschließlich in Zusammenhang mit der Interpretation und der Aufführung. Die Forschung hat in den letzten Jahrzehnten durch die Entdeckung zum Beispiel vergessenen Repertoires und neue Kenntnisse im Instrumentenbau viel zu einem besseren Verständnis der fundamentalen Probleme beigetragen, die die Aufführung des frühen Repertoires mit sich bringt. Durch neue Sichtweisen mussten so aber auch viele bis dahin gültige Regeln und Normen aufgegeben werden. Und trotz aller historischen Kenntnisse sollte die Spontaneität und auch die Lust am Improvisieren und Verzieren nie außer Acht gelassen werden. Neu an der Musik der Renaissance war auch zum Beispiel die Entwicklung des Bass-Fundamentes. Und gerade die Erfindung der tiefen Bass-Instrumente ermöglichte einen neuen Klang, neue Ensemble-Zusammenstellungen und Aufführungsmöglichkeiten. Über tiefem Violenklang, unterstützt von Cembalo und Orgel, erheben sich die fein gestuften Register von Posaunen, Violinen, Blockflöten und Zink. Die feierlich satte, vielfach noch kirchentonal geprägte Harmonik beginnt in aller Authentizität zu leuchten und wird zugleich belebt von einer subtilen, man möchte beinahe sagen jazz-verwandten Musizierfreude. Die Musiker unter der Leitung von Skip Sempé haben einen Klang kreiert, den es, so Sempé selbstbewusst, bis jetzt noch nicht gab. Dies war möglich, nicht durch die Entscheidung auf historischen Instrumenten zu spielen, sondern durch das Zusammenspiel von außergewöhnlichen Musikern, die, trotz eines musikalischen Leiters, die Freiheit haben, ihren individuellen TAGEALTERMUSIKREGENSBURG Capriccio Stravagante Renaissance Orchestra MAI2005 Sonntag, 15. Mai 2005, 20.00 Uhr Dreieinigkeitskirche , Gesandtenstraße Doron David Sherwin, Zink Julien Martin, Blockflöte Leitung und Cembalo: Skip Sempé „Venezia Stravagantissima” – Balli, Canzone e Madrigali von 1550 bis 1630 28 Das Capriccio Stravagante Renaissance Orchestra (oben) und sein Leiter Skip Sempé (unten) Foto: Robin Davies Foto: Robin Davies

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