Tage Alter Musik – Programmheft 2011

Juni 2011 Preis: 4,00 € Musik vomMittelalter bis zur Romantik 10.-13. Juni 2011

Gut für die Region: Die Sparkasse Regensburg treibt Kultur an. Mit rund 530.000 Euro engagiert sich die Sparkasse Regensburg ganz weit vorne als Förderer der Kunst und Kultur in Regensburg. Viele große Musik-Ereignisse – darunter Jugend musiziert, die Tage Alter Musik, das Musikfestival Palazzo und die Schlossfestspiele Thurn und Taxis – wären ohne die Unterstützung der Sparkasse Regensburg nicht möglich. Sparkasse Regensburg !

3 Vorwort Zum 27. Mal Liebe Musikfreunde, die TAGE ALTER MUSIK REGENSBURG finden in diesem Jahr zum 27. Mal statt. In den vier Tagen des Festivals können wir Ihnen heuer wieder anregende Begegnungen mit Musik vergangener Epochen präsentieren. Hervorragende internationale Orchester, Ensembles und Solisten der Alten Musik aus Großbritannien, Belgien, Frankreich, Kroatien, Italien, Irland, Luxemburg, der Schweiz, Schweden, Kanada und aus Deutschland werden die historischen Kirchen und Säle unserer Stadt mit musikalischem Leben erfüllen. Auch die alljährlich stattfindende große Ausstellung von Nachbauten historischer Musikinstrumente, von Noten, Büchern, Ton- und Bildträgern im historischen Salzstadel wird mit über 60 Ausstellern aus ganz Europa wieder ein großer Anziehungspunkt des Festivals sein. Wir möchten an dieser Stelle allen Förderern und Unterstützern des Festivals danken, ohne deren Hilfe die TAGE ALTER MUSIK nicht möglich wären. Besonders wollen wir an dieser Stelle der SPARKASSE REGENSBURG danken, dem offiziellen Hauptsponsor des Festivals. Nicht zuletzt gilt unser Dank allen langjährigen treuen Musikfreunden, die alljährlich in großer Zahl das Festival besuchen. Wir begrüßen alle Freunde der Alten Musik in Regensburg und wünschen erlebnisreiche Tage. Ihr Tage Alter Musik-Team Ludwig Hartmann, Stephan Schmid, Paul Holzgartner Grußwort Ein authentisches Musikerlebnis für alle Altersklassen Vor 27 Jahren feierten die Tage Alter Musik Regensburg mit fünf Konzerten Premiere. Wer hätte sich damals wohl erträumen lassen, dass dieses Festival heute als eines der fünf renommiertesten seiner Art in Europa gelten würde? Die Tage Alter Musik Regensburg spiegeln eine internationale hochinnovative Bewegung wieder. Namhafte Ensembles der Szene reisen am Pfingstwochenende aus ganz Deutschland, dem europäischen Ausland und sogar aus Kanada nach Regensburg. Eine harmonischere Kulisse als unsere Welterbestadt könnte Alte Musik, die alle Epochen vom Mittelalter bis zur Romantik erfasst, kaum finden. Ob in der Basilika St. Emmeram, im Reichssaal oder in der Minoritenkirche – ein authentisches Musikerlebnis für alle Altersklassen ist während der 14 Konzerte garantiert. Wie gewohnt eröffnen die Regensburger Domspatzen das Festival; in diesem Jahr zusammen mit dem deutschen Spitzenensemble Concerto Köln. Anhand der Maxime der historischen Aufführungspraxis beleben an den darauffolgenden Tagen Musiker mit historischen Instrumenten das musikalische Erbe neu. Begleitend zu den Konzerten findet im Salzstadel, der nun auch das Besucherzentrum Welterbe Regensburg beherbergt, eine große Ausstellung statt. Es werden Nachbauten historischer Instrumente, Noten, Fachliteratur und CDs dargeboten. Auch hier kommen dieAussteller aus ganz Europa. Wir dürfen uns auf vier abwechslungsreiche, künstlerisch hochwertige Konzerttage freuen und auf ein Ereignis, das internationale Bekanntheit genießt. Den Veranstaltern und mitwirkenden Musikern wünsche ich ein erfolgreiches Festival und zahlreiche Besucher, die sich von dem innovativen, lebendigen Charakter der Konzerte an historischen Stätten mitreißen lassen. Hans Schaidinger Oberbürgermeister der Stadt Regensburg Grußwort Eines der deutschlandweit bedeutendsten Festivals der Alten Musik Auch dieses Jahr werden zauberhafte Klänge der mittelalterlichen sowie der Renaissanceund der Barockmusik die stimmungsvollen Innenhöfe, Säle und Kirchen der Regensburger Altstadt zum Klingen bringen. Hochrangige Ensembles kommen aus vielen Ländern Europas in die Domstadt und feiern mit den Tagen Alter Musik Regensburg eines der deutschlandweit bedeutendsten Festivals der Alten Musik. Die Besucherinnen und Besucher können zu einer spannenden Reise durch die abendländische Musiktradition aufbrechen. Neben international bekannten Namen gibt es auch wieder einige Newcomer zu entdecken. In der Vergangenheit hat es sich oft gezeigt, dass erfolgreiche Auftritte bei den Tagen Alter Musik Regensburg als wichtiges Sprungbrett für die Karriere profilierter Nachwuchsmusiker dienen. Eine internationale Verkaufsausstellung mit Noten, Büchern, CDs und Nachbauten historischer Musikinstrumente rundet das Musikprogramm ab. Den Tagen der Alten Musik 2011 in Regensburg wünsche ich den verdienten großen Erfolg und dem Publikum viel Vergnügen bei den hochkarätigen Konzerten in historischem Ambiente. Dr. Wolfgang Heubisch Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst TAGEALTERMUSIKREGENSBURG JUNI2011

TAGEALTERMUSIKREGENSBURG JUNI2011 Johann Sebastian Bach: Konzert – Kantate – Motette – Magnificat 4 Die Regensburger Domspatzen (oben) und Concerto Köln (unten) Freitag, 10. Juni 2011, 20.00 Uhr Basilika St. Emmeram , Emmeramsplatz Johannette Zomer, Sopran Franz Vitzthum, Altus Jan Kobow, Tenor Wilhelm Schwinghammer, Bass Benoît Laurent, Oboe d’amore Konzertmeister: Markus Hoffmann Leitung: Domkapellmeister Roland Büchner Regensburger Domspatzen Concerto Köln

Hauptaufgabe derRegensburger Domspatzen , die auf eine über 1000-jährige Tradition zurückblicken können, ist der liturgische Dienst im Regensburger Dom. Auch die Konzerttätigkeit der Regensburger Domspatzen brachte dem Chor unter der Leitung von Roland Büchner im In- und Ausland beste Kritiken und höchstes Lob ein. Jüngste Konzerthöhepunkte waren im Mai 2004 die Aufführung des Oratoriums „Die Schöpfung“ von Joseph Haydn im Rahmen der Tage Alter Musik (mit der Akademie für Alte Musik Berlin) und im Frühjahr 2005 die Johannes-Passion von J. S. Bach (mit dem L’Orfeo Barockorchester). Glanzvolle Höhepunkte im Herbst 2005 waren die Konzerte in Rom in Anwesenheit von Papst Benedikt XVI.: zum einen ein Galakonzert mit den Münchner Philharmonikern (Leitung: Christian Thielemann) in der Audienzhalle Paul VI. vor 7000 Zuhörern, zum anderen die CD-Präsentation „Konzert für Papst Benedikt XVI.“ in der Sixtinischen Kapelle. Diese CD zählt mit über 50.000 verkauften Exemplaren zu den Bestsellern im klassischen Bereich. Im Frühjahr 2006 sangen die Regensburger Domspatzen die Matthäus-Passion von J. S. Bach (mit Concerto Köln) in Regensburg und München. 2007 bestritten die Regensburger Domspatzen zusammen mit Concerto Köln das Eröffnungskonzert der Tage Alter Musik mit der Es-Dur Messe von Franz Schubert und 2008 sangen sie den „Elias“ von Mendelssohn mit der Akademie für Alte Musik Berlin. Im Frühjahr 2008 begleiteten die Regensburger Domspatzen Bischof Gerhard Ludwig Müller auf seiner Pastoralreise nach Südafrika. Anlässlich des 85. Geburtstages von Domkapellmeister em. Georg Ratzinger brachten die Regensburger Domspatzen zusammen mit dem L’Orfeo Barockorchester am 17. Januar 2009 Mozarts c-Moll-Messe in der Sixtinischen Kapelle in Anwesenheit von Papst Benedikt XVI. zur Aufführung. Mit diesem Werk eröffneten sie auch 2009 die Tage Alter Musik. 2010 eröffneten die Regensburger Domspatzen zusammen mit der Akademie für Alte Musik Berlin die Tage Alter Musik mit Beethovens C-Dur Messe und Chorwerken von Franz Schubert. Roland Büchner , geboren 1954 in Karlstadt/Main, studierte zunächst an der Fachakademie für kath. Kirchenmusik und Musikerziehung Regensburg und ging dann an die Musikhochschule München. Dort schloss er sein Studium mit der künstlerischen Staatsprüfung im Fach „Kath. Kirchenmusik“ und dem Diplom im Konzertfach Orgel ab. Seine Lehrer waren u.a. Franz Lehrndorfer, Gerhard Weinberger, Diethard Hellmann und Godehard Joppich. Von 1976 bis 1987 war Roland Büchner als Stiftskapellmeister in Altötting tätig und zugleich an der dortigen Berufsfachschule für Musik als Lehrer für Gregorianik und Chorleitung. Von 1987 bis 1994 leitete Roland Büchner den Konzertchor der Fachakademie für kath. Kirchenmusik und Musikerziehung Regensburg (jetzt: Hochschule für kath. Kirchenmusik und Musikpädagogik) und war an diesem Institut hauptberuflich Dozent für Chorleitung und Orgel. 1994 wurde er zum Domkapellmeister und Leiter der Regensburger Domspatzen als Nachfolger von Georg Ratzinger berufen, wo er an der Spitze der Institution mit den Bereichen Chor, Musikgymnasium und Internat steht und diese als Domkapellmeister und Stiftungsvorstandsvorsitzender leitet. Für seine Verdienste um die Regensburger Domspatzen erhielt Domkapellmeister Roland Büchner 2004 den Kulturpreis der Stadt Regensburg und im Jahr 2005 aus den Händen von Bischof Gerhard Ludwig Müller die St.-Wolfgangs-Medaille, die höchste Auszeichnung für Laien im Bistum Regensburg. Im Jahr 2009 wurde Roland Büchner Honorarprofessor an der Regensburger Kirchenmusikhochschule. Unter Domkapellmeister Roland Büchner konzertierte der Chor bereits dreimal in Japan (1998, 2000 und 2004) und unternahm Auslandstourneen nach Frankreich, Italien, Österreich, Ungarn, Schottland, auf die Philippinen und nach Südafrika. In diesem Jahr folgte er im April/Mai mit seinen Domspatzen einer Einladung zu sechs Konzerten in Taiwan. Bereits kurz nach seiner Gründung im Jahre 1985 hat sich das EnsembleConcerto Kölneinen festen Platz in der ersten Reihe der Orchester für Historische Aufführungspraxis erspielt. Von Anfang an waren Publikum und Kritik gleichermaßen vom lebendigen Musizierstil des Ensembles begeistert. Früh wurde es zum Markenzeichen von Concerto Köln , musikwissenschaftlich fundierte Interpretationen mit neuer Verve auf die Bühne zu bringen. Auf diese Weise fand Concerto Köln schnell den Weg in die renommiertesten Konzertsäle und zu den großen Musikfestivals. Während zahlreicher Tourneen in Nord- und Südamerika, Südostasien, Japan, Israel und den meisten Ländern Europas trug und trägtConcerto Kölnseine musikalische Botschaft und den Namen seiner Heimatstadt in die Welt. Seit Oktober 2009 besteht eine Partnerschaft mit dem führenden High End Audiospezialisten MBL. Concerto Kölnkann eine Diskographie von mittlerweile mehr als 50 CDs vorweisen. Ein Großteil dieser CDs wurde mit bedeutenden Preisen wie dem Echo, dem Grammy, dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik, dem Choc du Monde de la Musique, dem Diapason d’Année oder dem Diapason d´Or ausgezeichnet. Die künstlerische Leitung liegt seit 2005 in den Händen von Martin Sandhoff. Neben Konzertmeistern aus den Reihen vonConcerto Kölnwerden regelmäßig auch externe Konzertmeister engagiert. Concerto Köln gastiert nach 2007 zum zweiten Mal bei den Tagen Alter Musik in Regensburg. Der belgische Oboist und FlötistBenoît Laurent studierte Blockflöte, Barockoboe und moderne Oboe in Belgien bei F. de Roos, P. Dombrecht und S. Cremers. Danach studierte er an der Würzburger Musikhochschule bei Michael Niesemann. 2008 wurde er Preisträger beim renommierten Wettbewerb Musica Antiqua in Brügge. Benoît Laurent bekleidet an der Hochschule für Musik in Frankfurt eine Professur für Barockoboe und unterricht auch am Conservatoire Royal de Bruxelles. Er spielt regelmäßig mit bekannten Orchestern und Ensembles der AlteMusik-Szene, u. a. mit dem Amsterdam Baroque Orchestra, dem Orchestre des Champs Elysées, B’Rock, Il Gardellino, Les Agrémens, Les Muffatti. Mit seinem eigenen Ensemble Lingua Franca hat er unter dem Titel „Lustige Feldmusik“ deutsche Barockmusik für Oboenensemble beim Label Ricercar eingespielt. Beim selben Label erschien das C-Dur Oboenkonzert von Ludwig-August Lebrun mit dem Orchester Les Agrémens unter der Leitung von Guy van Waas. Mit dem Orchester Les Muffatti unter der Leitung von Peter Van Heyghen werden demnächst Oboenkonzerte von G. Sammartini veröffentlicht. Die holländische Sopranistin Johannette Zomer studierte, nachdem sie einige Jahre als Mikrobiologin gearbeitet hatte, bei Charles van Tassel am Sweelinck-Konservatorium in Amsterdam; 1997 erwarb sie dort ihr Diplom. Sie gibt regelTAGEALTERMUSIKREGENSBURG JUNI2011 5 Johannette Zomer Franz Vitzthum Jan Kobow Wilhelm Schwinghammer Roland Büchner Benoît Laurent Foto: Jonas Sacks

mäßig Recitals mit dem Lautenisten Fred Jacobs sowie dem Hammerklavier-Spezialisten Arthur Schoonderwoerd. Als Solistin arbeitet Johannette Zomer regelmäßig bei Konzerten und CDAufnahmen mit international renommierten Orchestern und Dirigenten im Bereich der historischen Aufführungspraxis zusammen, so u. a. mit Philippe Herreweghe, Ton Koopman, Frans Brüggen, René Jacobs, Reinhard Goebel, Paul McCreesh, Thomas Hengelbrock und Sigiswald Kuijken. In den letzten Jahren gastierte Johannette Zomer in zahlreichen europäischen Musikzentren, so unter Philippe Herreweghe mit dem Freiburger Barockorchester und dem Collegium Vocale Gent in Bachs Weihnachtsoratorium, im Requiem von Gabriel Fauré mit dem Orchestre des Champs-Elysées sowie mit der Nederlandse Bachvereniging in Monteverdis Marienvesper unter Jos van Veldhoven. Wichtige Engagements waren des weiteren der „Messias” in der Mozart-Fassung unter Reinhard Goebel mit dem Gewandhaus-Orchester Leipzig, Werke von Purcell unter Gustav Leonhardt sowie Konzerte unter Paul Mc Creesh mit dem Gabrieli Consort & Players. ImOktober 2008 war Johannette Zomermit demMozarteum Orchester Salzburg unter Leitung von Ivor Bolton mit Bachs Messe in hmoll zu hören, im Mai 2009 im Rahmen einer Tournee mit Concerto Köln mit Händels „Athalia“ in London, New York, Paris und Köln. Im Dezember 2010 war sie bei Aufführungen des Weihnachtsoratoriums mit dem Thomanerchor in der Leipziger Thomaskirche zu hören. Von Johannette Zomer liegen zahlreiche Einspielungen vor, darunter das Fauré-Requiem unter Philippe Herreweghe (Harmonia Mundi), Couperins „Leçons des Ténèbres” sowie Bach-Kantaten unter Ton Koopman (Channel Classics), ferner Schubert-Lieder, französische Lautenlieder unter dem Titel „L’ Esprit Galant“ und Caccinis Nuove Musiche. Bereits im Februar 2007 erschien eine Aufnahme der h-moll-Messe mit der Nederlandse Bachvereniging, die großes Lob der Fachpresse erntete. Darüber hinaus wurde eine Einspielung der Recitals “Fôrets solitaires et sombres” mit dem Lautenisten Fred Jacobs veröffentlicht. Ihre CD mit BachSolokantaten mit dem Ensemble Florilegium (Channel Classics) erhielt den Edison Award 2008 als beste Barock-Aufnahme. Der AltistFranz Vitzthumerhielt seine erste musikalische Ausbildung bei den Regensburger Domspatzen. Sein Gesangsstudium absolvierte er 2007 bei Kai Wessel an der Musikhochschule Köln. Schon während seiner Ausbildung erhielt er zahlreiche Preise und Stipendien. Mittlerweile folgten Einladungen zu Solo-Abenden beim Rheingau Musik Festival, den Händel-Festspielen in Halle, Karlsruhe und Göttingen, zu La Folle Journée in Nantes und dem Bach Festival Philadelpia. Er arbeitete u. a. mit den Dirigenten Nicolas McGegan, Andrew Parrott, Hermann Max, Peter Neumann und Christoph Poppen zusammen. Des Weiteren hat er bei diversen Opern- und Oratorienproduktionen mitgewirkt, u. a. JephtaundSolomon (Händel), Orfeo (Gluck) undOrlando generoso (Steffani). Franz Vitzthumist auch ein vielgefragter Kammermusikpartner. So konzertiert er regelmäßig mit dem Lautenisten Julian Behr und dem Basler Ensemble Capricornus, der Zitherspielerin Gertrud Wittkowsky und singt mit dem von ihm gegründeten Vokalensemble Stimmwerck. Diese vielseitige Tätigkeit spiegelt sich in seiner Diskographie wider, die laufend erweitert wird. Nach seiner Debüt-CD Ich will in Friede fahrenmit dem Gambenconsort Les Escapades wird Franz Vitzthum Ende 2011 eine weitere Solo-CD mit geistlichen Barockliedern für das Label Christophorus veröffentlichen. Der Tenor Jan Kobowstammt aus Berlin. 1998 gewann er den 1. Preis beim Internationalen Bachwettbewerb Leipzig. Er arbeitet mit Dirigenten wie Frieder Bernius, Frans Brüggen, Marcus Creed, Michel Corboz, Peter Dijkstra, Paul Goodwin, Pierre Hantaï, Nikolaus Harnoncourt, Thomas Hengelbrock, Philippe Herreweghe, Jos van Immerseel, René Jacobs, Konrad Junghänel, Robert King, Sigiswald Kuijken, Gustav Leonhardt, JeanClaude Malgoire, Lars Ulrik Mortensen, Philippe Pierlot, Andreas Spering, Masaaki Suzuki, Jos van Veldhoven und Bruno Weil. Sein Rollendebüt als Ulisse in Monteverdis Il ritorno d’Ulisse in patria gab er mit Les Talens Lyriques unter der Leitung von Christophe Rousset. Jan Kobowfühlt sich sehr dem Liedgesang verbunden. Es sind bereits fünf Lied-CDs von Jan Kobow auf dem Markt. Er musiziert regelmäßig mit ausgewiesenen Spezialisten am Fortepiano wie Kristian Bezuidenhout oder Christoph Hammer. 2009 gab er Liederabende im Konzertsaal des Cité de la Musique Paris mit Pierre Hantaï, Hammerflügel, sowie in Tokio mit Kaori Muraji, Gitarre. 2010 war er zusammen mit Christoph Hammer zu Gast im Muziekcentrum De Bijloke (Schubert „Winterreise“) sowie beim Musikfest Stuttgart (Zumsteeg u. a.). Als Opernsänger gastierte er bei den Musikfestspielen Potsdam, beim Boston Early Music Festival, am Théâtre Royal de la Monnaie Brüssel und im Lincoln Center New York. Jan Kobowwurde für zahlreiche CD-Produktionen und Rundfunkanstalten verpflichtet. Diverse Aufnahmen wurden mit Preisen ausgezeichnet. Er war an der Aufnahme sämtlicher Kantaten J.S. Bachs („Bach Cantata Pilgrimage“) unter der Leitung von John Eliot Gardiner beteiligt. Wilhelm Schwinghammer (Bass) absolvierte ebenfalls das Musikgymnasium der Regensburger Domspatzen. An der Universität der Künste Berlin studierte er anschließend von 2000 bis 2003 bei Harald Stamm Gesang, wo er auch die ersten Opernpartien gestaltete. Meisterkurse u. a. bei Kurt Moll und Marjana Lipovsek rundeten seine Ausbildung ab. Bis 2004 sang er unter Frieder Bernius im Kammerchor Stuttgart. Von 2000 bis 2003 sammelte der Finalist beim 33. Deutschen Bundeswettbewerb in Berlin 2004 außerdem wichtige Erfahrungen in Philippe Herreweghes Collegium Vocale Gent. Zudem sang er unter René Jacobs in Händels „Saul“ und ist noch heute Mitglied im Ensemble „Sette Voci“ unter der Leitung von Peter Kooij. Mit der Aufnahme am Internationalen Opernstudio der Hamburgischen Staatsoper 2003 baute der junge Bassist seine Opernerfahrungen aus. Seit Beginn der Spielzeit 2006/07 gehört er als festes Mitglied dem Ensemble der Hamburgischen Staatsoper an. Beim renommierten ARD-Musikwettbewerb 2009 in München gewannWilhelm Schwinghammer im Fach Gesang den 2. Preis und den Publikumspreis. Heuer sang er bei den Salzburger Osterfestspielen in der R. Strauss-Oper Salomeunter Simon Rattle. 2012 wird er im konzertanten Wagner-Zyklus des RSB Berlin unter Marek Janowski imTannhäuser singen (incl. CD-Aufnahme). In Hamburg wird er u. a. als Figaro, Frank/Fledermaus und Sarastro zu erleben sein. TAGEALTERMUSIKREGENSBURG JUNI2011 6

TAGEALTERMUSIKREGENSBURG JUNI2011 7 Zum Programm: Zu Beginn des Eröffnungskonzerts der diesjährigen Tage Alter Musik erklingt Johann Sebastian BachsOboe d’amore-Konzert in A-Dur, BWV 1055 . Dieses Konzert liegt eigentlich nur als Cembalokonzert vor, doch sprechen viele Aspekte dafür, dass es sich dabei um eine Bearbeitung eines Konzertes für Oboe d’amore handelt. So der Ambitus, die mangelnden violinistischen Elemente, weshalb die Geige als ursprüngliches Soloinstrument nicht in Frage kommt, und die Tatsache, dass Leipzig in den 20er Jahren des 18. Jhs. eine Hochburg für den Bau dieses Instrumentes, der Oboe d’amore, war. Die Form des Anfangssatzes beruht auf zwei Prinzipien. Das eine ist das Alternieren zwischen dem Ritornell (von dem oft nur die markante Eingangsphrase zitiert wird) und einem Solothema von gegensätzlichem Charakter, das gleich bei seinem ersten Eintritt den Umfang der Oboe d’amore nach der Tiefe voll ausnutzt. Überlagert wird dieses konzerteigene Aufbauprinzip durch eine von Anfang bis Ende festgehaltene Gliederung in Achttaktgruppen von wechselnder innerer Struktur. Das Resultat ist eine Durchdringung der Konzertsatzform mit dem periodischen Gesetz des Tanzsatzes, die in Bachs Konzert-Œuvre keine Parallele hat. Im Mittelsatz gibt der am Anfang stehende chromatische „Lamento-Bass“ den Grundaffekt an, der in der ausdrucksvollen Linienführung der Oboenstimme aufgenommen wird. Bach hat die Solostimme in der CembaloFassung dieses Satzes noch stärker mit Koloraturen versehen. Im Autograph sind diese Änderungen aber als nachträgliche Korrekturen erkennbar, so dass sich die schlichtere Führung der Oboenstimme wiederherstellen lässt. Der Schlusssatz verbindet konstruktive Dichte mit schwungvoller Rhythmik, die an den Tanztypen Passepied und Gigue orientiert sein könnte. Dem Fest Christi Himmelfahrt, das liturgisch gesehen zum Osterfestkreis gehört, hat sich Johann Sebastian Bach in seinem Kirchenmusikschaffen besonders häufig gewidmet: drei Kantaten (BWV 37, 128 und 43) und ein Oratorium (BWV 11) zu diesem Fest finden sich im Werkverzeichnis – dies jedenfalls sind die erhaltenen Kompositionen. Sie sind Teil der ersten drei Kantatenjahrgänge (1723-24, 1724-25, 1725-26), während das 1735 entstandene Oratorium den Abschluss des oratorischen Schaffens von Bach bildet. DasHimmelfahrtsoratoriumist das dritte und letzte Oratorium des Komponisten und wurde wahrscheinlich am 19. Mai 1735 erstmals aufgeführt. Das Werk, das in der Gesamtausgabe der Bach-Gesellschaft (1852) wegen seiner Kürze unter dem IncipitLobet Gott in seinen Reichen fälschlich als Kantate erfasst wurde, ist nach dem Vorbild derHistoria gestaltet, der Erzählung einer biblischen Geschichte durch den Evangelisten; für diese Rolle hat der unbekannte Textdichter, der sich auf das Lukas- und das Markus-Evangelium stützt, einen Tenor vorgesehen. Der Bachforschung kam es sehr zustatten, dass sie neben dem in Berlin archivierten Partiturautograph neuerdings auch über die Instrumental- und Vokalstimmen in Originalfassung verfügt, die in Krakau aufgefunden wurden (deshalb erschien die Komposition in der kritischen Neuen BachAusgabe zweimal, 1978 und 1983); sie konnte nachweisen, dass nur der Mittelchor (Nr. 6), die vier Auftritte des Evangelisten (Nr. 2, 5, 7, 9) und die beiden Rezitative (Nr. 3 und 8), jeweils mit zwei obligaten Querflöten, Originalkompositionen sind, während es sich bei den entscheidenden und umfassenderen Stücken, dem Eingangs- und dem Schlusschor (Nr.1 und 11) und den beiden Arien (Nr. 4 und 10), um wiederverwendete und umgearbeitete Kompositionen aus früheren, verschollenen Kantaten handelt. Insbesondere im Fall der groß angelegten Choralbearbeitung, mit der das Oratorium schließt und der als cantus firmus die Choralmelodie Von Gott will ich nicht lassen zugrunde liegt, weisen Merkmale der autographen Partitur unmissverständlich darauf hin, dass es sich dabei um eine umgearbeitete frühere Komposition handelt, die – anders als die übrigen Stücke – einer verloren gegangenen Kirchenkantate entnommen ist. Die Arie Nr. 4 wiederum, die aus einer Kantate nach einem Text von Gottsched parodiert ist, hat Bach später in gekürzter Form imAgnus Dei der h-moll-Messe wieder verwendet. 999"*4$#!)551#",- 7/5*74/ % # , %. % # , '/%)56),6 % # , $1',)7 % # , #+'+0-' % # , "+4'*-4/ % # , )55)7 % # , %+4,*74/ % # , 7',-59-16 ,1/16)) 1( &)*-) 74%2)9-16 ,1/16)) +*-4 !)6-))16 564) % 4), !56 %-)69-16 )18- 1( '6-4'-6 )' !! ), & $ % & #& A ! && Regensburg im B ch Heidemarie Böcker Regensburg Stadtführer durch das UNESCO-Welterbe Der Stadtführer – erhältlich aufdeutsch, englisch, italienisch, französisch und spanisch – begleitet den Besucher auf ausgewählten Routen zu den Sehens-würdigkeiten und informiert über Museen, Galerien, Hotels und Restaurants. Außerdem: Tipps zu Cafés, Biergärten, Einkaufen, Kultur u.v.m. 96 S., zahlr. Farbabb. und Karten, Frz. Broschur, € 6,90 (D), ISBN (deutsch) 978-3-7917-2155-2 Uwe Moosburger/Peter Morsbach Regensburg und Europa im Mittelalter Wege der Architektur Der Band setzt Regensburger Bauwerke des Mittelalters in Beziehung zu Bauten aus ganz Europa und führt so durch die Altstadt von Regensburg, aber auch durch Deutschland, Italien, Spanien, Frankreich, England, Irland, Tschechien, Polen und Ungarn. 120 S., 142 Farbabb., geb. mit Schutzumschlag, € 24,90 (D), ISBN 978-3-7917-2237-5 Diese und viele andere Bücher aus dem Verlag Friedrich Pustet erhalten Sie bei Bücher Pustet in Regensburg: Gesandtenstraße, DEZ, Universität. www.pustet.de

Die herausragenden Stücke des Werkes sind die beiden Chöre, wirkliche Festmusik: Die instrumentale Besetzung ist die gleiche wie bei den Teilen I, III und VI des Weihnachtsoratoriums (sie umfasst unter anderem drei Trompeten und Pauken), beide Chöre sind im konzertanten Stil geschrieben, unterscheiden sich aber in der Satzanlage (der zweite Chor mit seinem ausgeprägten Tanzrhythmus ist eine cantus-firmus-Komposition in Strophenform mit sehr kurzen, von einem Präludium und einem Nachspiel umrahmten instrumentalen Zwischenspielen). Die zweite der beiden Arien, eine Sopranarie, ist ungewöhnlich im Charakter: In dem generalbassfreien Satz wird die Singstimme durch drei Instrumentalstimmen verstärkt, die von zwei Querflöten, der Oboe I und Violen und Violinen unisono ausgeführt werden. Ebenfalls im Mittelteil (Nr. 7, 8, 9), der in der Neuausgabe zu einer dreigeteilten Einheit (Nr. 7a, 7b, 7c) zusammengefasst wurde, verwendet Bach eine weitere ungewöhnliche Kompositionstechnik: Ein kurzes Accompagnatorezitativ gibt den Text des Evangeliums wieder, der anschließend in Form eines Duetts weiter behandelt wird, das bildhaft den Textgehalt von den „zwei Männern in weißen Gewändern“ nachempfindet. Die Motetten nehmen in Bachs Gesamtwerk in mehrfacher Hinsicht eine Sonderstellung ein: Anders als die geistlichen Kantaten, Passionsmusiken und Oratorien, deren Komposition und Aufführung zu Bachs Amtspflichten als Leipziger Thomaskantor gehörten, entstanden die Motetten als Auftragswerke zu besonderen Gelegenheiten. Die im heutigen Konzert aufgeführte Motette Der Geist hilft unser Schwachheit auf, BWV 226, komponierte J. S. Bach als Auftragswerk für Gedächtnispredigten, die seit 1722 von Dr. Salomon Deyling im Gedenken an hochgestellte Persönlichkeiten gehalten wurden. Diese Feierlichkeiten fanden in der Nikolai-Kirche statt. Für die Motette Der Geist hilft unser Schwachheit auf sind Entstehungszeit und – anlass – die „Beerdigung des seel. Herrn Prof. und Rektoris Ernesti“ im Jahr 1729 – bekannt. Eine weitere Besonderheit der Werkgruppe ist ihr primär vokaler Charakter, durch den sich die Motetten maßgeblich von den anderen größeren kirchenmusikalischen Werken und zumal den Kantaten unterscheiden. Zur Bach-Zeit war die rein vokale Motette bereits antiquiert. Den hohen Rang, den sie früher einmal im liturgischen Rahmen einnahm, hatte sie an die Kantate abgegeben, gleichwohl behielt auch die Motette noch einen festen Platz in der Liturgie. Der Vokalsatz der Motetten ist differenzierter gestaltet als in den meisten anderen Vokalwerken Bachs. Ein Grund dafür dürfte das Bemühen sein, das Fehlen obligater Instrumente, die in den Kantaten, Passionen und Oratorien dem Satzbild soviel Farbe und Abwechslung verleihen, auszugleichen. Instrumente waren jedoch von den Aufführungen der Motetten keineswegs ausgeschlossen, im Gegenteil: Zumindest die Mitwirkung einer Continuogruppe war obligatorisch, darüber hinaus hat sich ein Instrumentalstimmensatz zur MotetteDer Geist hilft unser Schwachheit auf erhalten, der zumindest zum Teil von Bachs eigener Hand stammt und belegt, dass eine instrumentale Verdopplung der Singstimmen durchaus üblich war. Auch im heutigen Konzert wird die doppelchörige Motette von Instrumenten colla partebegleitet erklingen. Für seine erste Weihnachtsfestzeit in Leipzig sowie für sein erstes Osterfest dort 1724 lieferte Bach eine breitgefächerte Auswahl von Kantaten, von denen einige aus früheren Schaffensperioden stammen; andere wiederum schrieb er eigens für seine neuen Gemeinden. Unter den neu komponierten Werken befand sich die erste Version desMagnificats . In Leipzig war es Sitte, zur Vesper der drei Hauptfeste des Kirchenjahres, Ostern, Pfingsten und Weihnachten reich ausgearbeitete Vertonungen dieses Lobgesangs zu singen. Bach wurde erst am 31. Mai 1723 offiziell als Kantor bestallt und hatte keine Zeit, Vorbereitungen für das Pfingstfest zu treffen; es war sodann der Heilige Abend dieses Jahres, an dem er das Magnificat erstmalig aufführte. Abgesehen von seinem lateinischen Text (der auf einer unvergleichlich höheren Stufe als die Mehrzahl deutscher Librettos von Barockkantaten steht) unterscheidet sich das Magnificat in drei wesentlichen Punkten von Bachs Kirchenkantaten. Es gibt keine Rezitative, keine da-capo-Arien und die Wiederaufnahme des thematischen Materials aus der Eröffnung in den Schlusschor verleiht demWerk einen zyklischen Charakter. (Nur sehr selten hat Bach dieses Verfahren in seinen Kantaten angewandt.) Die Orchesterbesetzung für das Magnificat ist typisch für Bachs festliche Kantaten: Drei Trompeten, Pauken, zwei Oboen, zwei Traversflöten, Streicher und Continuo; doch im Gegensatz zu den meisten Kantaten ist die Chorpartitur für fünf Stimmen gesetzt. Der erste der zwölf kurzen Sätze ist ein strahlender Chorus mit vollem Orchester. Der zweite für Solosopran ist (im Gegensatz zu dem der Eröffnung) nur mit Streichern und Continuo instrumentiert. Der dritte Satz ist ebenfalls für Sopran gesetzt und wird durch eine ausdrucksvolle Melodie einer obligaten Oboe d’amore mit Continuo begleitet; dies erfährt eine plötzliche Unterbrechung durch den vierten Satz, den monumentalen und intensiv dramatischen Chor „Omnes generationes“. Der fünfte Satz ist eine Bassarie mit Continuo – „Quia fecit mihi magna“. Der sechste Satz ist ein Duett für Alt und Tenor mit zwei Flöten, Streichern con sordino und Continuo. Im Mittelpunkt des Magnificats steht der fugierte Chor „Fecit potentiam“. Dieser blendende Klangausbruch setzt den fünfstimmigen Chor mit vollem Orchester ein. Der achte Satz ist eine Tenorarie mit Streichern und Continuo: „Deposuit potentes“. Der neunte Satz „Esurientes“ ist für Soloalt mit zwei Traversflöten und Continuo. In der früheren Version verwandte Bach Blockflöten, welche für diese Stimmung sanft nachdenklicher Musik besonders passend klingen. Dem folgt ein Trio für zwei Soprane und einen Alt, „Suscepit Israel“. Die Instrumente des Continuo sind hiervon ausgeschlossen, und die Begleitung besteht aus unisono-Violinen und Violen , über denen die Oboen die Töne des neunten Psalmtons erklingen lassen. Der elfte Satz ist eine fünfstimmige Fuge mit Continuo. Da die ursprünglichen Stimmen des Manuskripts nicht erhalten sind, können wir uns hier der Absichten Bachs nicht gewiss sein – oft wurde in einem solTAGEALTERMUSIKREGENSBURG JUNI2011 8 Die Regensburger Domspatzen beim Eröffnungskonzert der Tage Alter Musik 2010 in der Basilika St. Emmeram Foto: Hanno Meier

chen Satz jede Singstimme durch ein Saitenoder Blasinstrument verstärkt. Zum Schluss führt uns ein dreifaches „Gloria“ zur Musik des Einleitungssatzes zurück, und mit einem brausenden „Amen“ wird das Werk beendet. TAGEALTERMUSIKREGENSBURG JUNI2011 9 AAUSFÜHRENDE CONCERTOKÖLN Markus Hoffmann (Konzertmeister), Chiharu Abe, Jörg Buschhaus, Frauke Pöhl, Antje Engel Violine I Stephan Sänger, Hedwig van der Linde, Horst-Peter Steffen, Monica Waisman, Bettina von Dombois Violine II Aino Hildebrandt, Claudia Steeb, Gabrielle Kancachian Viola Werner Matzke, Jan Kunkel, Martin Fritz Violoncello Roberto Fernandez de Larrino, Clotilde Guyon Kontrabass Cordula Breuer, Martin Sandhoff Querflöte Benoît Laurent, Lidewei de Sterck, Kristin Linde Oboe d’amore, Oboe Lorenzo Alpert Fagott Henry Moderlak, Almut Rux, Andy Hammersley Trompete Stefan Gawlick Pauken Harald Hoeren Orgel Basilika St. Emmeram Aus einer kleinen, möglicherweise spätantiken Georgskapelle entstand die karolingische Basilika um das Grab des westfränkischen Wanderbischofs Emmeram, der im Jahr 652 bei Regensburg getötet wurde. Am Grab Emmerams, des ersten bayerischen Nationalpatrons, ließen sich Benediktinermönche nieder und gründeten eines der ältesten Klöster in Bayern. An eine Ringkrypta mit dem Grab des Heiligen schloss sich noch im 8. Jahrhundert eine dreischiffige Basilika an, die um 1050 ein mächtiges Westquerhaus mit Dionysiuschor erhielt. Die weitläufige Klosterkirche birgt neben zahlreichen Grabstätten von Seligen auch die Grabstätte von Bischof Wolfgang, die sog. Wolgangskrypta. Wolfgang hatte in St. Emmeram die klösterliche Gemeinschaft reformiert und sie 974 von einer bis dahin geltenden Personalunion mit dem Bischofsamt befreit. 1731-33 erfolgte eine barocke Modernisierung durch Michael Prunner. Durch die Gebrüder Asam erhielt die Klosterkirche ihr festliches Aussehen mit Stukkaturen, Figuren und Malereien. Seit der Säkularisation im Jahr 1803 besteht die Kirche als Pfarrkirche fort, die Klostergebäude kamen 1812 an die Fürsten Thurn und Taxis. PROGRAMM JOHANNSEBASTIANBACHKonzert für Oboe d’amore, Streicher und (1685-1750) Basso continuo A-Dur Rekonstruktion nach dem Cembalokonzert, BWV 1055 Ohne Satzbezeichnung – Larghetto – Allegro ma non tanto Solist: Benoît Laurent, Oboe d’amore Kantate „Lobet Gott in seinen Reichen“, HimmelfahrtsoratoriumBWV 11 Chor: Lobet Gott in seinen Reichen Rezitativ-Tenor: Der Herr Jesu hub seine Hände auf Rezitativ-Bass: Ach Jesu, ist deinAbschied schon so nah? Arie-Alt: Ach bleibe doch, mein liebstes Leben Rezitativ-Tenor: Und ward aufgehoben zusehends Choral: Nun lieget alles unter dir Rezitativ-Tenor, Bass: Und da sie ihm nachsahen gen Himmel fahren Rezitativ-Alt: Ach ja! so komme bald zurück Rezitativ-Tenor: Sie aber beteten ihn an Arie-Sopran: Jesu, deine Gnadenblicke Choral: Wenn soll es doch geschehen PAUSE Motette „Der Geist hilft unser Schwachheit auf“, für achtstimmigen Doppelchor, Instrumente und Basso continuo, BWV 226 Der Geist hilft unser Schwachheit auf Der aber die Herzen forschet Choral: Du heilige Brunst, süßer Trost Magnificat, D-Dur für Soli, Chor und Instrumente, BWV 243 Chor: Magnificat anima mea Dominum Arie-Sopran: Et exsultavit spiritus meus Arie-Sopran: Quia respexit humilitatem Chor: Omnes generationes Arie-Bass: Quia fecit mihi magna Duett-Alt / Tenor: Et misericordia Chor: Fecit potentiam Arie-Tenor: Deposuit potentes Arie-Alt: Esurientes implevit bonis Terzett-Sopran I / II / Alt: Suscepit Israel Chor: Sicut locutus est Chor: Gloria Patri Wir danken der Meisterwerkstätte für Orgelbau, Josef Maier, 88138 Hergensweiler, für die freundliche Bereitstellung der Truhenorgel. Dieses Konzert wird in Verbindung mit dem Verein „Freunde des Regensburger Domchors e.V.” durchgeführt. Die Regensburger Domspatzen werden in besonderer Weise von der LigaBank Regensburg unterstützt. Offizieller Kooperationspartner von Concerto Köln: Dieses Konzert findet auch schon am Donnerstag, dem 9. Juni, im Auditorium maximum der Universität Regensburg als Vorpremiere statt. Cover der aktuellen “Magnificat”-CD der Regensburger Domspatzen

Das inOxford beheimateteBrabant Ensemble, benannt nach dem Herzogtum Brabant, einer Gegend, die heute den südlichen Teil der Niederlande und den nördlichen Teil Belgiens umfasst, dem Herkunftsland vieler berühmter franko-flämischer Renaissance-Komponisten, reiht sich ein in die große Tradition erstklassiger britischer Vokalensembles. Mit diesem Konzert bei den Tagen Alter Musik gastiert die vielgerühmte 10-köpfige a-cappella-Formation erstmals in Deutschland. Gründer und Leiter ist der Dirigent und Musikwissenschaftler Stephen Rice, der sich auf die Erforschung und Aufführung unbekannter geistlicher Musik des 16. Jahrhunderts spezialisiert hat. Er lebt als Musiker und Musikwissenschaftler in Oxford. Er hat Arbeiten über die Musik von Gombert, Morales, Thomas Tallis, Clemens non Papa, Josquin Des Prez und über die Musiktheorie der Renaissance veröffentlicht. Im Jahre 2008 verlieh ihm der Arts and Humanities Research Council Großbritanniens für drei Jahre eine Fellowship in the Creative and Performing Arts an der Universität von Southampton. Im Zusammenhang mit seiner Forschertätigkeit entstanden mit dem Brabant Ensemblemittlerweile neun CD-Produktionen, die allesamt beim Label Hyperion veröffentlicht wurden. Darunter erschienen Ersteinspielungen von Werken von Clemens non Papa, Thomas Crecquillon, Pierre de Manchicourt, Nicolas Gombert und Cristóbal de Morales. Mehrere Einspielungen erhielten den GramophoneAward, den Choc du Monde de la Musique und den Preis der deutschen Schallplattenkritik. Jüngste CD-Veröffentlichungen bei Hyperion sind Ersteinspielungen zweier Messvertonungen des gänzlich unbekannten französischen Komponisten Pierre Moulu (1484 – ca. 1550). Dazu veröffentlichte Stephen Rice eine kritische Notenausgabe der Messkompositionen von Pierre Moulu. Die Missa pro defunctis (Requiem) von Clemens non Papa erschien im Januar 2011. Zahlreiche Konzertreisen führten dasBrabant Ensemble nach Belgien, in die Niederlande, in die Schweiz, nach Portugal und Spanien. Zum Programm: Im November 1511 schloss König Heinrich VIII. von England mit seinem Schwiegervater Ferdinand von Aragón den Vertrag von Westminster. Als Versprechen gegenseitiger Hilfe gegen die Franzosen war diese Allianz für beide Monarchen teils opportunistisch, sie spiegelte aber auch die neueste in einer langen Reihe von gewechselten Loyalitäten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wider. Um 1527 fanden sich Heinrich und England auf der Seite der Gegner Spaniens, und die mit dem Scheitern von Heinrichs Ehe mit Ferdinands Tochter Katharina von Aragón zusammenhängenden Ereignisse wurden ausführlich von Historikern diskutiert. Noch um 1500 waren England und Spanien Alliierte. Dieses Programm betrachtet einen Teil des Repertoires, das die beiden Monarchen gehört haben könnten (und, was Heinrich betrifft, komponierten), und verfolgt zugleich die Entwicklung der beiden Nationalstile ein wenig weiter in das Jahrhundert hinein. TAGEALTERMUSIKREGENSBURG The Brabant Ensemble (Großbritannien) JUNI2011 Freitag, 10. Juni 2011, 22.45 Uhr (Nachtkonzert) Schottenkirche St. Jakob , Jakobstraße 10 Die Allianz (1511) zwischen Heinrich VIII. und Ferdinand von Aragón – Ein Repertoire, das beide Herrscher gehört haben könnten Leitung: Stephen Rice The Brabant Ensemble

Zuerst England. Heinrich VIII. war als zweiter Sohn Heinrichs VII. anfänglich für die Kirche bestimmt und erhielt eine entsprechend vielseitige Erziehung zur Vorbereitung auf diese Karriere. Der Tod seines älteren Bruders Arthur machte ihn zum Thronfolger, und sogar in den ersten Jahren seiner Herrschaft ab 1509 komponierte Heinrich weiterhin Musik: Er soll zwei Vertonungen des Messordinariums geschrieben haben, die jedoch nicht erhalten sind. Sein einziges erhaltenes lateinisches Werk (trotz des biblischen Textes kann es kaum als geistliches Stück bezeichnet werden, da es ein erotisches Gedicht aus dem Hohen Lied vertont) istQuam pulchra es , geschrieben in der dreistimmigen Textur, wie im späten 15. Jahrhundert üblich. Obwohl es in den Jahren zwischen 1505 und 1510 entstanden sein muss, ist sein Stil jener der vorhergehenden Generation. Heinrich hinterließ auch zahlreiche säkulare Werke im ‘Henry VIII manuscript’ (London, British Library, Add. MS 31922), von denen wir drei aufführen. Die beiden ‘Alas’-Lieder, eines englisch, eines französisch, sind sehr kurz in der erhaltenen Form, bestanden aber ursprünglich wahrscheinlich aus mehreren Strophen; ‘The time of youth’ scheint noch alle seine Strophen aufzuweisen und ist von Interesse wegen der in dem Lied gebotenen Einsicht in die Hauptanliegen des jungen Königs, als da sind Ritterlichkeit, die Jagd und ‘feats of arms’ (Waffen-Meisterstücke). Heinrichs Werken vorangestellt sind zwei für den Stand der Kirchenmusik in den frühen Jahren seiner Herrschaft typische Antiphonen: eine von John Taverner, dem führenden Komponisten der Zeit, und eine Vertonung des populären Texts ‘Sancte Deus’ von dem weniger bekannten William Whytbroke, gefunden in den ‘Henrician’ Stimmbüchern in Peterhouse, Cambridge. Das letzte ‘englische’ Stück im Programm stammt tatsächlich von einem Flamen, Philip van Wilder, der sich einer außerordentlich erfolgreichen Laufbahn am Hof Heinrichs erfreute, und dem seines Sohnes Eduard VI., dem van Wilder als Musiklehrer diente. Hauptsächlich Lautenist und Liederkomponist, hinterließ van Wilder auch sieben geistliche Stücke, von denen das reuevolleAspice Dominevielleicht das schönste ist. Am Hof von Aragon war zur Zeit König Ferdinands der führende Komponist Francisco de Peñalosa, der zwischen 1498 und 1516 für den König arbeitete. Dies war eine besonders interessante Zeit für die spanische geistliche Musik, weil die verhältnismäßig unfruchtbaren Jahre der Mitte des 15. Jahrhunderts mit dem Wegbereiter Peñalosa und unter dem Einfluss von der Musik des Josquin Desprez einem neuen und internationaleren Stil Platz machten, der in Spanien für den größten Teil des Jahrhunderts in Mode bleiben sollte, bis er durch den von Palestrina ersetzt wurde. Missa ‘El ojo’ (‘das Auge’: der Grund für den Titel ist nicht bekannt) ist eine von sechs erhaltenen Vertonungen von Peñalosa, von denen die meisten in der Handschrift Tarazona Cathedral MS 2-3, der Hauptquelle für spanische Musik aus dieser Periode, erscheinen. Es ist die einfachste und vielleicht früheste seiner Messen mit einem cantus firmus in der Tenorstimme in traditioneller Art. Peñalosa hatte ein Kanonikat an der Kathedrale von Sevilla inne, und wir stellen seine Musik neben die von zwei namhaften Bewohnern Sevillas aus späteren Jahren des Jahrhunderts, Morales und Guerrero, wobei der erste das wachsende Interesse an Marienmotetten und Lamentationsvertonungen (im Gegensatz zur Situation in England gegen Ende von Heinrichs Regierungszeit) illustriert und Letzterer den auf neue Weise dramatischen Stil der Palestrina-Zeit mit der Erzählung von der Versuchung Jesu in der Wüste zeigt. © Stephen Rice TAGEALTERMUSIKREGENSBURG JUNI2011 11 PROGRAMM JOHNTAVERNER Mater Christi sanctissima (ca. 1490-1545) WILLIAMWHYTBROKE Sancte Deus (ca. 1501-1569) HEINRICHVIII. Quam pulchra es (1491-1547) Alas, what shall I do for love Hélas madame, celle que j’aime tant The time of youth PHILIP VANWILDER Aspice Domine (ca. 1500-1553) FRANCISCO DEPEÑALOSA Missa el Ojo: Gloria (ca. 1470-1528) CRISTÓBAL DEMORALES Salve regina (ca. 1500-1553) Lamentationen: Zai. Candidiores FRANCISCO DEPEÑALOSA Missa el Ojo: Sanctus FRANCISCOGUERRERO Ductus est Iesus (1528-1599) CRISTÓBAL DEMORALES Regina caeli AUSFÜHRENDE THEBRABANTENSEMBLE Helen Ashby, Kate Ashby, Alison Coldstream Sopran Emma Ashby, Sarah Coatsworth, Fiona Rogers Alt Alastair Carey, Andrew McAnerney Tenor Jon Stainsby, David Stuart Bass Heinrich VIII. Schottenkirche Um 1090 erhielten irische Benediktiner ein Grundstück vor den Mauern der Stadt zum Bau ihres Klosters. Von der ersten Jakobskirche, die 1120 geweiht wurde, sind die beiden Osttürme erhalten. St. Jakob wurde das Mutterkloster aller Nierderlassungen irischer Mönche im deutschsprachigen Raum. 1216 war der Bau vollendet. Im 16. Jahrhundert lösten schottische Mönche die Iren von St. Jakob ab, und bis 1862 gehörte das Kloster zum schottischen Zweig der Benediktiner. Die Schottenkirche ist vor allem berühmt wegen ihres Portals mit seinem rätselhaften plastischen Schmuck. Hinter dem Portal im Inneren ist die liegende Figur des Mönches Rydan als Türschließer dargestellt. Der Mönchschor besitzt noch die alten steinernen Chorgestühlschranken und den originalen Bodenbelag des 12. Jahrhunderts. Die Gestaltung der vielen Säulchen hat Parallelen in der englischen Architektur. Verschiedene Ausstattungsstücke haben sich erhalten: die romanische Kreuzigungsgruppe, eine Madonna und die Heiligen Jakobus, Paulus und Christophorus aus dem 14. Jahrhundert.

Das EnsembleMezzaluna entstand als logische Konsequenz aus der jahrelangen künstlerischen und musikwissenschaftlichen Zusammenarbeit des belgischen Blockflötisten Peter Van Heyghenund des englischen Blockflötenbauers Adrian Brown . Beide wollten ihre theoretischen Erkenntnisse in Form einer musikalischen Zusammenarbeit in die Praxis umsetzen. Das HauptaugenmerkMezzalunas liegt auf der Aufführung polyphoner Musik, die zwischen ca. 1480 und 1630 komponiert wurde. Mezzalunadebütierte 2003 beim Festival Laus Polyphoniae in Antwerpen. Mittlerweile gastierte es bei verschiedenen hochangesehenen Musikfestivals in den Niederlanden, Belgien und Österreich. Von 2007 bis 2009 war Mezzaluna „Ensemble in residence“ im Augustinus Muziekcentrum (AMUZ) in Antwerpen. Im Anschluss an das das Regensburger Konzert gibtMezzaluna seine Premiere beim Boston Early Music Festival. Die sechs Blockflötenvirtuosen vonMezzaluna feiern mit diesem Konzert ihr Deutschlanddebut. Über die erste CD-Einspielung beim Label Ramée heißt es: „Und was das Spiel von Mezzaluna angeht, ist es über jeden Zweifel erhaben. Keine Schwebung trübt das kontrapunktische Geflecht, alles klingt punktgenau und volltönend. Die Schönheiten des filigranen Satzes werden ganz selbstverständlich vor den Ohren des Hörers ausgebreitet. Ein wahrhaft königliches Niveau, das auf dem Nachbau zweier prächtiger Renaissance-Flötenensembles mit teilweise eindrucksvollem Bassformat präsentiert wird.” (Musik an sich). Zum Programm: Die „Royal-Recorders“ – Versuch einer Rekonstruktion ihres Repertoires Obgleich die Blockflöte vermutlich in erster Linie als Barockinstrument beim breiteren Publikum bekannt ist, sollte eher das 16. Jahrhundert als das goldene Zeitalter ihrer Geschichte betrachtet werden. Zu dieser Zeit wurden Blockflöten mit Sicherheit in Mischensembles benutzt, anhand zahlreicher Quellen wird aber deutlich, dass besonders der homogene Klang des Blockflötenconsorts – » a (whoall) noyse of recorders «, wie einige englische Quellen sagen – eine beispiellose Beliebtheit bei Amateuren und Fachleuten genoss. Die rund 200 erhaltenen Renaissance-Blockflöten und eine kleine Menge an Konsortfutteralen, die in den Museen weltweit aufbewahrt werden, repräsentieren sicherlich nur einen Bruchteil der Instrumente, die im Laufe des 16. Jahrhunderts produziert wurden, da es den Anschein hat, dass Blockflötenconsorts fast überall in der westlichen Welt gespielt wurden: von England bis nach Mittelitalien und von Polen bis Peru, am Hof, in der Kirche, zu bürgerlichen Anlässen und bei privaten Gelegenheiten. Innerhalb dieser Epoche stellt der englische Königshof einen Sonderfall dar, da er der einzige bekannte Ort jener Zeit ist, an dem über einen Zeitraum von mindestens neunzig Jahren kontinuierlich eine Gruppe spezialisierter InstrumenTAGEALTERMUSIKREGENSBURG JUNI2011 12 Mezzaluna (Belgien) Samstag, 11. Juni 2011, 11.00 Uhr (Matinee) Reichssaal , Rathausplatz Recorders greate and smale – Musik für Blockflötenconsort am Englischen Hof zur Zeit Heinrichs VIII. Mezzaluna

talisten offiziell als Blockflötenspieler und Mitglieder eines bestehenden Blockflötenconsorts angestellt waren. Dank erhaltener Dokumente sind wir für den Zeitraum nach 1540 sehr gut über die Namen der damaligen Musiker und ihr Aufgabenfeld informiert; ihr Repertoire wird aber leider in Quellen und Aufzeichnungen nicht erwähnt. Für den Zeitraum vor 1540 gibt es keine Spuren solch eines unabhängigen Ensembles spezialisierter Blockflötenspieler am englischen Hof; es scheint, dass zu dieser Zeit das Spielen im Blockflötenconsort noch Teil der vielfältigen Aufgaben der Hofbläser war, entsprechend der Standardpraxis unter Berufsbläsern in England und Europa während des gesamten 16. Jahrhunderts. Und obgleich es Gründe genug gibt anzunehmen, dass Blockflöten am frühen Tudor-Hof ziemlich häufig gespielt wurden, vermissen wir wieder jedweden eindeutigen Beweis bezüglich der Musik, die dort aufgeführt wurde. Es war die Krönung des zweiten Tudor-Königs Heinrich VIII., die 1509 die Blütezeit des Blockflötenconsorts am englischen Hof einläutete. Heinrich VIII. spielte selbst Blockflöte: Wie eine Chronik bereits 1510 berichtete, »übte er sich täglich [...] im Spiel der Blockflöte«. Dies setzte er offensichtlich bis in die letzten Jahre seiner Herrschaft fort, denn 1542/43 wurde ein Futteral für sieben Blockflöten der königlichen Instrumentensammlung für » the King’s Majesty’s own use « (»der Königlichen Majestät eigenen Gebrauch«) reserviert. Zum Zeitpunkt seines Todes 1547 umfasste die königliche Instrumentensammlung außerdem nicht weniger als 76 » recorders greate and smale « (»große und kleine Blockflöten«). Letztlich war es den anhaltenden persönlichen Bemühungen Heinrichs VIII. zu verdanken, dass 1540 fünf Brüder der berühmten venezianischen Bassano-Familie, einer Dynastie von Bläsern und Holzblasinstrumentenbauern, schließlich überzeugt werden konnten, nach London auszuwandern, um dort ein spezialisiertes Blockflötenensemble zu gründen. Dieses Hof-Blockflötenconsort blieb bis etwa 1630 neben den anderen Instrumentalconsorts der Traversflöten, Violinen, Posaunen usw. bestehen. Die verstorbenen Mitglieder des ursprünglichen Consorts wurden durch ihre Söhne und einige einheimische Spieler ersetzt. Die Bassanos waren weder die ersten noch die einzigen italienischen Musiker am englischen Hof: Bereits im ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts wurden ein Lautenist und zwei Organisten italienischer Herkunft eingestellt, und im Verlauf der nächsten 20 Jahre waren nicht weniger als acht italienische Posaunisten am englischen Hof aktiv. Vier der Bassano-Brüder hatten London bereits 1531 (als Mitglieder dersackbuts ) besucht, und 1540 wurde parallel zu dem Blockflötenensemble ein Consort gegründet, welches aus sechs italienischen Gambisten bestand. Die große Bedeutung der Ernennung der Bassanos liegt also nicht so sehr darin, dass sie aus Italien kamen, sondern dass sie bereits vorher als Blockflötenspieler und Instrumentenbauer in Venetien berühmt waren. In dieser Region hatte das Blockflötenspiel zu diesem Zeitpunkt schon ein außergewöhnlich hohes Niveau erreicht. Dies bestätigt Sylvestro Ganassis TraktatOpera Intitulata Fontegara (Venedig, 1535), das erste und bei weitem auch kompletteste, ausführlichste und gründlichste Blockflötenlehrbuch, das jemals veröffentlicht worden ist. Zusätzlich zu ihrer Virtuosität und ihrer Repertoirekenntnis brachten die Bassanos große handwerkliche Kunstfertigkeit nach London mit und gründeten dort eine weltberühmte Holzblasinstrumentenbauwerkstatt. Einige der Bassanos waren außerdem als Komponisten aktiv. Auch Mitglieder des venezianischen Zweigs der Familie setzten ihre Arbeit als Spieler, Instrumentenbauer und Komponisten bis ins 17. Jahrhundert fort und erlangten damit internationalen Ruhm. Anmerkungen zum heutigen Programm Einige Ideen für das Repertoire des Blockflötenconsorts zu Beginn der Herrschaft Heinrichs VIII. können dem CodexGB-LblAdd.31922 entnommen werden, allgemein bekannt als das Henry VIII’s Manuscript . Inspiriert durch die vielen ähnlichen Codices, die um die gleiche Zeit für aristokratische Musikliebhaber in Süddeutschland und in Norditalien zusammengestellt wurden, repräsentiert sein Inhalt die Art von Musik, die in der nächsten Umgebung des Königs täglich erklungen sein muss. Das Manuskript, um 1520 zusammengetragen, enthält hauptsächlich drei- und vierstimmige Vokalmusik mit und ohne Text sowie instrumentale Stücke von einer Vielzahl sowohl bekannter als auch unbekannter englischer Komponisten, einschließlich einiger Werke Heinrichs VIII. Dazu kommen eine große Anzahl anonymer Werke und einige der populärsten Stücke der führenden franko-flämischen Komponisten jener Zeit. Bis in die frühen 20er Jahre des 16. Jahrhunderts wurde der musikalische Geschmack am Tudor-Hof durch den franko-flämischen Stil geprägt (eine wichtige Ausnahme bildete die geistliche Musik an der Chapel Royal). Diesen flämischen Einfluss kann man auch in einigen Werken der englischen Komponisten des Henry VIII’s Manuscriptwiederfinden. Für unser Programm entschieden wir uns für folgende Stücke aus dieser Sammlung: Das anonymeAnd I were a maiden , die einzige fünfstimmige Komposition des Manuskriptes; den dreistimmigen Satz Heinrichs VIII. des überaus populären basse-dance- LiedesTaunder naken ; den anonymen dreistimmigen Satz des ebenso populären Chansons Iay pryse amours ; sowie zwei Werke des südniederländischen Komponisten Heinrich Isaac: erstens das dreistimmige Benedictus aus derMissa Quant jay au coeur , und zweitens das vierstimmige Instrumentalstück La my . Die beiden letzten Kompositionen waren über die Grenzen Englands hinaus bekannt und sind in vergleichbaren europäischen Quellen des frühen 16. Jahrhunderts zu finden. Als Eröffnungsstück unseres Programms haben wir ebenfalls ein Werk eines franko-flämischen Komponisten gewählt: Adiutorium nostrum von Antoine de Févin. Dieses Stück bildet als secunda parsmit demCeleste beneficium (alsprima pars ) von Jean Mouton (hier nicht aufgeführt) die feierliche Eröffnungs- und Widmungsmotette des prächtigen, illuminierten CodexGB-LblRoy.8.G vii, welcher zwischen 1513 und 1525 im damals weltberühmten scriptorium des Petrus Imhoff (alias Van den Hove, oder besser bekannt unter seinem Pseudonym Petrus Alamire) in der flämischen Stadt Mechelen zusammengestellt wurde. Möglicherweise war es ein Geschenk der Habsburger an Heinrich VIII. und seine erste Frau Katharina von Aragón. Alamire handelte auch mit Musikinstrumenten und war zwischen 1515 und 1518 als Spion für den englischen Hof tätig. Während der ersten zwei Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts waren alle Hof-Bläser Heinrichs VIII. flämischer Herkunft, und ebenso sein neuer Lautenist Philip Van Wilder, der sich um 1520 in England niederließ. Van Wilder wurde einer der Lieblingsmusiker des Königs; er stieg zur Position des Lautenlehrers der königlichen Prinzen und Prinzessinnen auf, wurde offizielTAGEALTERMUSIKREGENSBURG JUNI2011 13 Reichssaal Regensburg war seit den Karolingern bevorzugter Ort für die Abhaltung von Reichstagen. Im Mittelalter zählte man 45 Reichstage in Regensburg. 1541 war der Reichssaal Ort des berühmten Religionsgesprächs zwischen Melanchthon und Dr. Eck. Von den Reichstagen sind besonders der von 1623, bei dem Bayern die Kurwürde erhielt, und der von 1630, als Wallenstein von der Mehrheit der katholischen Fürsten abgesetzt wurde, zu nennen. Von 1663 bis 1806 war der Reichssaal Tagungsort des „Immerwährenden Reichstags“. Er ist als erstes deutsches Parlament anzusehen. Der um 1360 gebaute Reichssaal darf in seinen Dimensionen und seinemAlter für Deutschland als einzigartig gelten. Hervorzuheben ist die mächtige Holzdecke, an deren Unterseite man die Relieffigur des thronenden Petrus (des Stadtpatrons) erkennt.

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